Meinung/Kommentare/Aussenpolitik

Von "Wir schaffen das" zu "Schafft sie das?"

Seit es die AfD gibt, ist der Rechtspopulismus auch in Deutschland angekommen.

Andreas Schwarz
über die Gefahr für Merkel

Als die FPÖ Jörg Haiders bei der Nationalratswahl 1999 mit fast 27 Prozent Zweiter wurde, lag die FDP in Deutschland bei sechs Prozent – und war, anders als die Freiheitlichen hier, eine liberale Partei. Und während sich die FPÖ auch vom braunen Bodensatz der Gesellschaft nähren konnte, weil neonazistische Bewegungen verboten sind, sind sie das in Deutschland nicht – und waren dort politisch über Jahrzehnte weitgehend bedeutungslos.

Dass es in Deutschland so lange keine rechtspopulistische Partei gab, liegt auch an der Konstruktion der Unionsparteien: Die bayerische CSU als Partner der CDU ("Rechts von uns ist nur noch die Wand" © Franz-Josef Strauß) erledigte alle Populismus-Arbeit.

Seit es die Alternative für Deutschland ( AfD) gibt, ist der Rechtspopulismus auch in Deutschland angekommen. Er verfängt wie überall: Die gegen die Euro-Rettung gegründete AfD ist zur Neidschür-Bewegung mit Zweckhatz auf Ausländer geworden. Das Phänomen: In Mecklenburg-Vorpommern, wo die AfD die CDU überholt hat, gibt es wenige Flüchtlinge, aber viel Gram über das ausgedörrte Land. Dennoch liefen Wähler nicht zu Der Linken, sondern zur AfD – Unzufriedenheit braucht nur ein Ventil.

Dieses Ventil wird zur Gefahr für Angela Merkel, auch wenn Mecklenburg-Vorpommern nicht Deutschland ist. Aus ihrer Parole "Wir schaffen das" ist ein "Schafft sie das noch?" geworden, sprich: Sind ihre Stunden als Kanzlerin bei der Wahl 2017 gezählt? Dem Populismus nicht nachzugeben, ehrt sie und macht sie zur Staatenlenkerin. Aber nur ex cathreda darauf zu beharren, das Richtige zu tun, die Menschen nicht abzuholen, bevor sie ein Ventil suchen, wird zu wenig sein, um es zu schaffen. Denn dazu geben zu viele links und rechts der zitierten Wand vor, zu wissen, was das Richtige ist.