Meinung

Schnellschüsse

Staatsanwälte sind vielfach überfordert.

Ricardo Peyerl
über den Schlepperprozess

Das nennt man Chuzpe: Die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt stichelt gegen die Richterin, die monatelange Vorbereitungszeit auf den Prozess nicht genützt zu haben. Aber die Fakten aufzubereiten, wozu als Mindestanforderung die korrekte Angabe der Tatzeiten gehört, ist schon Aufgabe des Ermittlungsleiters – seit 2008 also des Staatsanwalts.

Dass nach dem Tierschützerverfahren schon wieder ein groß aufgezogener Prozess gegen Aktivisten in die Hose zu gehen droht, mag auch am Standort Wr. Neustadt liegen. Die Justiz war dort immer schon eigen. Man denke nur an den Staatsanwalt, der nach den Freisprüchen für 13 Tierschützer mit der Hand einen Schuss aus dem Fenster auf die Sympathisanten der Angeklagten andeutete.

Aber das Problem liegt tiefer. Die Richter beklagen sich auch andernorts über Anklagen im Schnellschussverfahren, die im Prozess überarbeitet werden müssen. Ein Räuber behauptet schon bei der Verhaftung, zur Tatzeit 40 Beruhigungstabletten intus gehabt zu haben; doch der Staatsanwalt kommt nicht auf die Idee, ein Gutachten einzuholen; das muss im Prozess nachgeholt werden, der sich dadurch verzögert. Früher konnte man den lückenhaften Akt dem U-Richter zurück auf den Tisch knallen, aber den gibt es nicht mehr. Anklagen kann man nur schwer zurückweisen, etwa wenn etwas angeklagt wurde, das gar nicht strafbar ist.

Die Staatsanwälte sind mit Ermittlungsleitung, Anklagen und Anklagevertretung vielfach überfordert. Dazu kommt die politische Abhängigkeit. Bei brisanten Verfahren könnten sie die Ermittlungen an einen Richter abtreten, tun es aber nie; nicht einmal bei Grasser.

Zu ihrer Ehrenrettung muss man sagen: Staatsanwälte können nur verwerten, was die Polizei liefert. Und wie man einen mageren Verdacht aufbauscht, hat Innenministerin Mikl-Leitner im Fall der angeblichen brutalen Schlepper aus dem Servitenkloster vorgemacht.