Zündstoff: Die Rune XLVI

Der, die, das Super Bowl ist das größte Ein-Tages-Ereignis der Sportwelt. Schon am Geschlecht scheiden sich die Geister der Laien. Die Pyramidenspitze des American Football besteht aus vielen Gegensätzen – so wie die USA an sich.Einerseits ist die NFL ein funktionierendes Bollwerk des Kapitalismus. Andererseits läuft sie nach dem Schema einer fast kommunistischen Ein-Partei-Gesellschaft ab. Die Rituale erinnern an eine Sekte; allein durch den Umstand, dass sich Amerikaner einmal pro Jahr mit einer Römischen Zahl auseinandersetzen müssen. Diesmal war es die Rune XLVI.Der überzogene Patriotismus wirkt für Europäer oft kitschig. Besonders in jenem Moment, in dem Männer mit Schultern wie der Mount McKinley Tränen in den Augen haben, während Kelly Clarkson "... for the land of the free and the home of the brave" jodelt. Trotzdem besteht Ansteckungsgefahr – so wie bei Hollywood-Schinken mit An-officer-and-a-gentleman-Flair. Für einen, der mit Fußball aufwächst, ist es nicht leicht, in die Welt der Spielunterbrechungen, der historischen Vergleiche und der teuersten Werbepausen der Welt hineinzukippen. Doch es geht! Mag sein, dass sich ein Drittel aller Super-Bowl-Party-Gäste lieber aufs Ohr hauen als vor Begeisterung auf die Schenkel klopfen würde. Doch so eine Blöße gibt sich kaum einer. Zum Touchdown kommt es erst am Tag danach über dem Büro-Schreibtisch nach der langen Popcorn-, Burger- und Bier-Nacht. Dann darf ein bisserl geträumt werden: Von den gezielt abgefeuerten Pässen der beiden genialen Quarterbacks Eli Manning und Tom Brady. (Nur bösartige Ignoranten übersetzen quarterback noch mit Viertel-Hintern) Oder von muskelbepackten Riesen, die Haken schlagen wie kleine Feldhasen. Oder von Fleischbergen, die ganze Menschengruppen vor sich her schieben. Und wenn das alles nix nützt, dient Pausenfüller Madonna als Traumvorlage.Football, das ist ein Querschnitt der amerikanischen Gesellschaft. Wie sie zwar nicht ganz ist, wie sie aber sein will.

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