Zündstoff: Die 20 Gebote
Von Jürgen Preusser
Mein Gott, müssen Österreichs Sportler Intelligenzbestien sein! Zumindest, wenn man Rogans schrägen Spruch als Maßstab nimmt. Er sagte sinngemäß, dass man nicht sehr g’scheit sein dürfe, um wirklich erfolgreich zu sein. Nach einem Viertel der Spiele stand das Team ohne zählbaren Erfolg da, was auf einen Durchschnitts-IQ von 140 schließen ließe. Zurück zum Ernst der Lage: Bei Olympia werden Leistungen bewertet. Hinter jeder Medaille – nein, selbst hinter einem vierten Platz wie dem von Dinko Jukic, der trotz sensationell starker Leistung im patriotischen Medaillenspiegel nur als Blech gewertet wird, steckt ein extrem langwieriger Arbeitsprozess. 1. Erkennung des Talents. 2. Förderung desselben. 3. Ausbau der Stärken. 4. Analyse und eventuell Korrektur des Umfeldes. 5. Unterordnung aller privaten Interessen. 6. Kaufmännisches Talent zur Schaffung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. 7. Auswahl der richtigen Berater. 8. Die Bereitschaft, un-menschliche Entbehrungen und Belastungen hinzunehmen. 9. Eine Extraportion Mut und Selbstaufgabe, um den Sprung in die Professionalität zu wagen. 10. Durchhaltevermögen. 11. Frustrationsbewältigung und -toleranz. 12. Entwicklung von militärischer Disziplin. 13. Oft wesensverändernde Steigerung des natürlichen Kampfgeistes. 14. Ausschaltung von öffentlichen Einflüssen. 15. (Welt-)Reisebereitschaft und logistisches Organisationsvermögen. 16. Ausblendung von Schulterklopfern und richtige Einschätzungen von Teilerfolgen. 17. Ignorieren von Provinzdenken und Vorschusslorbeeren. 18. Ignorieren von ignoranten Funktionären. 19. Entwicklung von überdurchschnittlicher Lernfähigkeit. 20. Bereitschaft, von Gegnern zu lernen. Keiner dieser zwanzig Punkte ist verzichtbar. Allein dieser Umstand erfordert ein Übermaß an praktischer Intelligenz. Natürlich besteht dabei die Gefahr, dass der eine oder andere Athlet zu einem Fachidioten mutiert, der mit Scheuklappen durchs Leben läuft. Dieser Aspekt ist allerdings nicht sportspezifisch, sondern ein allgemeines Problem unserer modernen Gesellschaft. Die bisherige Ausbeute der Österreicher in London lässt den Verdacht aufkeimen, dass weder Politiker, noch Eltern, Lehrer, Funktionäre, bereit sind, den ganzen Weg in Angriff zu nehmen. Und bevor man Jukic und Rogan verurteilt, sollte man hinterfragen, warum sie umstrittene Aussagen treffen. Denn die Sportler können sich noch am ehesten international messen.
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