Die erste Generation, die weniger hat
Von Sandra Baierl
Für die, die Geld dringend brauchen, ist am wenigsten da
über Niedriggehälter und wenig Chancen
Die Zeit bestimmt das Einkommen und wie wir leben. Für die Generation, die nach 1945 auf den Arbeitsmarkt kam, war finanziell alles möglich. Sie konnten während des Wiederaufbaus abschöpfen. „Der Oberarzt im Spital hatte damals Chauffeur, fettes Gehalt und alle Freiheiten. Da wussten die Schwestern nicht mal, ob der Herr Doktor heute kommt oder wo er sonst ist“, erzählt der Personalist.
Die in den 50er- und 60er-Jahren Geborenen wollten gemütlich ins Alter kommen, um richtig gut zu verdienen. Sie mussten zusehen, wie sie von den 30-Jährigen überholt und ihnen die Chefsessel weggenommen wurden.
Die in den 70ern Geborenen hatten kurzfristig eine gute Welle, die sie in Position und Gehalt nach oben geschwemmt hat – bis zu den Krisen 2000 und 2008.
Generation Niedriggage
Für die junge Generation sehen die Einkommenszettel heute traurig aus: Die Finanzen sind knapp, beim Gehalt gibt es keinen Spielraum mehr. Für die, die Geld dringend brauchen – Berufseinsteiger, die Familie gründen und Existenz aufbauen wollen – ist am wenigsten da. Sie müssen sich erst Jahre durchkämpfen, um auf dem Jobmarkt überhaupt zu gelten. Das und der Rückblick auf Eltern, die sich ins Burn-out gejagt haben, schuf ein neues Karriereverständnis: Die Frage ist nicht mehr, wie weit rauf kann man sich schuften, sondern wie kann man ein passables Einkommen haben, um halbwegs gut zu leben?
Wie sich die Niedriggehälter und Karrierechancen der Jungen weiterentwickeln werden, weiß niemand. Experten sprechen aber von der ersten Generation, die weniger hat als ihre Eltern.
Jammern auf hohem Niveau? Vielleicht. Jedenfalls aber eine Rechnung dafür, dass in den vergangenen Jahrzehnten viel falsch gelaufen ist. Bezahlt wird das aber nicht von den Verursachern.