Das Menschsein macht den Unterschied
Von Sandra Baierl
Seit 1995 kennt man den EQ - in den Chefetagen findet man ihn immer noch selten
Wie Chefs sein müssen
1995 brachte Daniel Goleman einen neuen Begriff in die Leadership-Debatte ein: EQ, die emotionale Intelligenz. Der US-amerikanische Psychologe und Bestseller-Autor untersuchte 200 internationale Konzerne mit ihren Bossen und fand heraus, dass die bis dahin allein gültigen Qualitäten Intelligenz, Stärke, Entschlossenheit und Vision nicht ausreichend sind. Um erfolgreich zu sein, brauchen Führungskräfte einen hohen Grad an emotionaler Intelligenz. Dazu zählt Goleman Selbstbewusstheit (die Fähigkeit, eigene Stimmungen und Emotionen zu verstehen), Selbstregulierung (die Fähigkeit, diese Stimmungen und Emotionen zu kontrollieren, denken vor handeln), Motivation, Empathie und soziale Kompetenz (die Fähigkeit, Beziehungen aufzubauen und Netzwerke zu pflegen) – allesamt "softe" Fähigkeiten, die bis in die Mitte der 90er-Jahre keine Berechtigung im Geschäftsleben fanden. Goleman war der Erste, der den EQ mit messbaren Geschäftserfolgen in Verbindung brachte.
Individuell, aber mit EQ
Man kennt diese Fälle: ein überintelligenter, hochbegabter, erfolgreicher Mitarbeiter wird ins Management befördert – und versagt. Ein anderer, nur durchschnittlich in seinen Erfolgen und ohne herausragende Fachkenntnisse, kommt ebenfalls ins Management – und wird dort zum Superstar.
Den Unterschied macht die Persönlichkeit. Und die Passgenauigkeit: Jede Firma braucht seinen individuellen Typ Führungskraft, manche den sensiblen Verhandler, andere den starken Veränderer, wieder andere einen mutigen Visionär. Was sie alle haben müssen – ob Schwarz, Weiß, Mann, Frau, Wurst ... – sind hohe Sozialkompetenzen und die Fähigkeit, mit Menschen in wertvolle Beziehungen treten zu können. Das sollte – zwanzig Jahre nach der ersten Publikation über die emotionale Intelligenz – nun endlich auch in den Führungsetagen ankommen.