Wirtschaft von innen: "Man kann auch Nein sagen"
Von Andrea Hodoschek
Die Pension tut Anton Wais sichtlich gut. Er hat den gesunden Teint von Leuten, die oft im Freien sind. Etwas schlanker ist er auch geworden. Und heilfroh, nichts mehr mit der Politik zu tun zu haben. Zehn Jahre lang war Wais Chef der Post, bis er 2009 wegen gesundheitlichen Gründen vorzeitig in die Pension abtrat. Bis zuletzt focht der Manager, der nächstes Jahr seine 45-jährige Mitgliedschaft bei der SPÖ feiert, schwere Sträuße mit der Politik aus. Als er begann, die Post einer Schlankheitskur zu unterziehen und Ämter zusperrte, hagelte es von allen Seiten Hiebe - von Ministern über Landeshauptleute bis hinunter zu den Bürgermeistern. "Die Politik glaubt, dass sie Unternehmen durch Zurufe Ratschläge erteilen kann. Lustig war der Druck nicht", sagt der 63-Jährige heute. Obwohl er Politikern grundsätzlich zugesteht, "dass sie ihre Rolle spielen und gegen bestimmte Dinge sein müssen. Das darf man nicht persönlich nehmen." Seine Rolle als Vorstandsvorsitzender war eine andere. Weshalb er immer wieder "die Gelbe Karte zücken musste", sprich mit dem Aktiengesetz argumentierte. Wenn Minister daraufhin mit Verordnungen drohten, "habe ich halt mit dem Verfassungsgerichtshof gedroht". Während seines Post-Jahrzehnts erlebte er sieben Chefs: Caspar Einem, SP, dann die blau-orange Ministerriege Michael Schmid, Mathias Reichhold, Monika Forstinger und Hubert Gorbach, zuletzt die Parteikollegen Werner Faymann und Doris Bures. Wirkliches Verständnis für die Post konnte er bei keinem orten. Begehrlichkeiten gab es immer wieder. Damals keine Inserate, aber regelmäßige Anfragen, ob man Partei-Günstlinge unterbringen könne. Wais: "Wir haben, zumindest im direkten Einflussbereich des Vorstandes, keine Wunschkandidaten genommen - weil kein Einziger im Assessment-Center fachlich entsprochen hat." So viel Tapferkeit gegenüber der Politik? "Man kann auch Nein sagen. Vielleicht hat das dazu beigetragen, dass ich nicht so beliebt war." Geschützt haben ihn, beteuert er, die Staatsholding ÖIAG mit deren Chef Peter Michaelis und die privaten Aktionäre. Andernfalls wäre der Druck noch stärker gewesen. Dem ehemaligen blauen Wirtschaftssprecher, dem Industriellen Thomas Prinzhorn, hält er nach wie vor zugute, "dass er uns geholfen hat. Der kannte sich eben aus mit einer Aktiengesellschaft." Wegen der Postamts-Schließungen wurde Wais auch vor den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zitiert. Ihm ist noch gut in Erinnerung, wie danach zwei Abgeordnete erstaunt feststellten, sie hätten im Ausschuss erstmals mitbekommen, dass die Post eine börsenotierte Aktiengesellschaft ist. Dabei hatten sie den Börsegang im Parlament selbst mitbeschlossen. Lobbyisten beschäftigte er nicht. "Wenn ich einen Termin bei einem Politiker brauchte, habe ich den auch gekriegt. Ich war sieben Jahre lang Ministersekretär bei Josef Staribacher, ich weiß, wie man einen Termin bekommt." Als der Post-Chef, dessen Vertrag bis 2013 gelaufen wäre, in Pension ging, nahm er sich einen Coach, "um den Schock besser zu verarbeiten". Anfänglich wollte er sich "endlich mit allen Leuten treffen, für die ich als Generaldirektor nie Zeit hatte". Dazu kam es freilich nicht. "Jetzt wollte nämlich keiner mehr mit mir reden. Wenn man nicht mehr in der Funktion ist, will niemand mehr etwas von einem wissen. Darüber muss man sich klar werden, das ist nicht so einfach."
Im Leben nach der Post haben Gesundheit und Kultur oberste Priorität. Ganz kann er die Arbeit trotzdem nicht lassen. Er sitzt als Berater bei Horvath & Partners und dem Headhunter Spencer Stuart sowie im Managerkreis der Berliner Friedrich Ebert Stiftung. Die berät die SPD in Wirtschaftsfragen. Seitenhieb: "Die SPÖ will von mir ja lieber nicht beraten werden." In Kaffeehäusern in Wien, wo er immer noch als "Herr Generaldirektor" begrüßt wird, und seiner Lieblingsstadt Paris schrieb Wais an seinem Buch, das am 8. November in der Hofzuckerbäckerei Demel vorgestellt wird. Herausgekommen sind nach einem Jahr Schreibarbeit per Hand und mit iPad amüsante Anekdoten und Beschreibungen skurriler Charaktere. Namen nennt der Autor nicht, "denn viele Leute sind beleidigt, wenn über sie gelacht wird. Ich möchte schließlich weiterhin auf der Straße gegrüßt werden. "