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Wie Magna Frank und Sigi sponserte

Bei einem börsenotierten Konzern macht ein Deal dieser Art gar keine gute Optik.

Andrea Hodoschek
über Schloss Reifnitz

Magna-Gründer Frank Stronach spricht gerne lange und ausschweifend. Wenn es allerdings um Schloss Reifnitz am Wörthersee geht, gibt sich der Neopolitiker zugeknöpft. „Ein laufendes Verfahren, Herr Stronach hat ohnehin schon alles dazu gesagt“, lässt er über seinen Sprecher ausrichten.

Hat er nicht. Vor allem nicht zur Frage, inwieweit die Aktionäre des Autozulieferkonzerns Magna für das idyllische Anwesen mitgezahlt haben. Kauf und Sanierung des malerischen Schlösschens liefen über eine Tochtergesellschaft von Magna. 2011 verkaufte der Konzern das Anwesen dann um die Gesamtsumme von lediglich 18 Millionen Dollar (rund 14 Millionen Euro) je zur Hälfte an Stronach und seinen langjährigen Magna-Adlatus Siegfried (Sigi) Wolf. Die beiden Herren dürften ein gutes Geschäft gemacht haben. Die Aktionäre von Magna allerdings weniger. Denn der Zulieferer investierte am Wörthersee wesentlich mehr, als Stronach und Wolf bezahlten. Was bei einem Privatunternehmen durchgehen würde. Bei einem börsenotierten Konzern dagegen macht ein Deal dieser Art gar keine gute Optik.

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Bereits der Kauf des Schlosses durch Magna sorgte in den vergangenen Monaten für politischen Wirbel und beschäftigt die Justiz. 2005 erstand die Magna Projektentwicklungs GmbH & Co OEG von der Gemeinde Maria Wörth das 63.132 Quadratmeter große Areal samt dem 1898 erbauten Schloss um 6,4 Millionen Euro. Macht einen Schnäppchenpreis von rund 101 Euro pro Quadratmeter für beste Seelage. Nach Schätzungen von Immobilienexperten wäre ein Mehrfaches zu erzielen gewesen. Doch der damalige LandeshauptmannJörg Haider() hatte die Gemeinderäte in einer nächtlichen Sitzung entsprechend bearbeitet und Stronach versprach ein Luxushotel plus eine Kaderschmiede für Magna-Manager samt 80 neuen Arbeitsplätzen. Ein Rückkaufrecht ließ sich die Gemeinde von Magna später noch um eine Million Euro ablösen.

Zudem kaufte Magna um rund 1,5 Millionen Euro ein Nachbargrundstück von den Bundesforsten (Quadratmeterpreis rund 350 Euro) sowie um rund 1,7 Millionen Euro einen weiteren Seegrund von einem privaten Eigentümer (Quadratmeterpreis rund 970 Euro). Die Gemeinde verzichtete zugunsten von Magna auf ihr Vorkaufsrecht gegenüber den Bundesforsten.

Aufgrund einer Anzeige ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft wie berichtet gegen sechs FPK-Gemeinderäte, darunter Bürgermeister Adolf Stark und Nationalrat Martin Strutz, sowie drei SPÖ-Mandatare wegen des Verdachts auf Untreue. Und gegen Frank Stronach wegen des Verdachts auf Bestimmung (quasi Anstiftung) zur Untreue. Die Justiz prüft derzeit, ob die Gemeinde zu billig verkaufte. Für alle Betroffenen gilt die Unschuldsvermutung.

Aus Hotel und Managementzentrum wurde bekanntlich nichts, heute beherbergt das Wörthersee-Schmuckstück zwei Wohnungen. Eine für Frank, eine für Sigi. Er sei froh darüber, dass die Justiz „nun ermittelt und alles genau untersucht“, erklärte Stronach kürzlich. Das Schloss sei jahrelang zum Verkauf gestanden, da es unter Denkmalschutz steht, seien die Renovierungskosten sehr hoch gewesen. „Wir haben damals den vollen Kaufpreis bezahlt, der verlangt wurde. Und in weiterer Folge auch noch die gesamte Renovierung“.Wir – das ist freilich zum großen Teil Magna. Das idyllische Schloss, wegen seines Baustils auch „Klein Miramar“ genannt, war tatsächlich ziemlich devastiert, das Grundstück über der Bucht von Reifnitz wurde zuletzt von der Gemeinde als Müllhalde benutzt. Magna ließ sich die Renovierung viel kosten, Stronach selbst sprach einmal von 12 Millionen Euro. Macht samt Kaufpreis und Ablöse an die Gemeinde, die Bundesforste und den privaten Vorbesitzer ein Gesamtinvestment von mehr als 22 Millionen Euro. Magna-Insider schätzen den Sanierungsaufwand sogar auf die Größenordnung von 19 Millionen Euro. Selbst beim niedrigeren Ansatz würde sich zum Preis für Stronach und Wolf eine Differenz von rund acht Millionen Euro ergeben. Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass die heiß begehrten, weil knappen Seegrundstücke grundsätzlich immer teurer werden. „Möglicherweise wurde nicht nur die Gemeinde, sondern auch Magna geschädigt“, mutmaßt der Maria-Wörther-Vizebürgermeister und Chef der Bürgerliste, Helmut Rothe. Warum gab’s Magna für seine Ex-Chefs so billig? Eine Frage, die der Konzern nicht beantworten will: „Zu solchen internen Prozessen nehmen wir nicht Stellung. Magna hat Schloss Reifnitz besessen und verkauft“. Aus, basta. Auch Stronach will sich auf lästige Fragen gegenüber dem KURIER nicht einlassen, Wolf war nicht erreichbar. Reifnitz war nicht der einzige Immobilien-Deal des Duos mit Magna. Insgesamt stieß der Konzern 2011 fünf nicht betriebsnotwendige Immobilien ab. Zwei in Nordamerika für 13 Millionen Dollar an Stronach. Zwei weitere in Europa um 12 Millionen Dollar an Wolf, der im Aufsichtsrat von Siemens Österreich, Verbund, Strabag, der Sberbank Europe (vormals Volksbank International) und der Staatsholding ÖIAG sitzt.Wolf erwarb, vermutlich gemeinsam mit Freund Frank, eine Jagd samt exklusivem Gästehaus in Niederösterreich. Magna verkaufte Wolf ein Palais in bester Innenstadtlage, gleich ums Eck bei der Staatsoper. Kurz vor seinem Abgang zum Konzern Basic Elements des russischen Milliardärs Oleg Deripaska. Ein großzügiges Geschenk zum Abschied? Wolf soll das Objekt in der Elisabethstraße laut Insidern um 8,4 Millionen Euro bekommen haben, Magna hatte es 2007 um mehr als 14 Millionen von den ÖBB erstanden.Weshalb erwirbt Magna überhaupt ein Seeschloss in Kärnten, eine Jagd und ein Innenstadtpalais – allesamt Objekte, die nicht unbedingt zum Kerngeschäft eines Autozulieferers gehören. Und verkauft diese zum Diskontpreis an die Ex-Chefs? Könnte mit der ehemals dominanten Rolle von Stronach zusammenhängen, der sich noch bis Ende 2014 einen hoch dotierten Beratervertrag mit Magna gesichert hat.Formal jedenfalls hat alles seine Ordnung. Das für die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln im Konzern zuständige Corporate Governance and Compensation Committee hat alles geprüft und für in Ordnung befunden, das Board of Directors hat die Deals durchgewunken. Die Aktionäre können sich bedanken.