Watschentanz im Finanzministerium
Von Andrea Hodoschek
Ihr Problem ist, dass sie sich schnell festlegt, exponiert und dann nur schwer zurückrudert. Leider ist sie ziemlich beratungsresistent“, beschreibt sie ein ÖVP-Insider. „Vertritt rücksichtslos Partei-Interessen und teilt aus, bevor sie nachdenkt“, stöhnt man auf SP-Seite über die ehemalige Schotter-Unternehmerin aus Oberösterreich.
Wer derart polarisiert wie Maria Fekter, darf sich nicht wundern, wenn Entscheidungen, deren inhaltliche Tragweite für die Republik eher zweitrangig sind, trotzdem in großkoalitionäre Kleinkrisen ausarten. Auf dem EU-Parkett ist sie mittlerweile etwas ruhiger geworden – nach den Ausrutschern über die Italien- und die Griechenlandkrise und ihrer Bemerkung über die Nierensteine von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker.
Finanzmarktaufsicht
Im Inland beschwor sie einen Koalitionswirbel herauf, als sie ausgerechnet AK-Direktor Werner Muhm, Vertrauter von Bundeskanzler Werner Faymann, aus dem Generalrat der Nationalbank kippte. Zwei persönliche Briefe von AK-Chef Herbert Tumpel zur Causa mit Verweis auf ein Gutachten, sie verstoße gegen das Notenbankgesetz, blieben bis heute unbeantwortet.
Jetzt hat sich Fekter auf die Finanzmarktaufsicht eingeschossen, eigentlich eine ausgegliederte, weisungsfreie Behörde. Dass deren Chefs Helmut Ettl, SP, und Kurt Pribil, VP, die Einlagensicherung für die Sektorbanken infrage stellten und der Ministerin damit in den Rücken fielen, sorgte für einen gewissen Vertrauensverlust. Als die FMA im Hintergrund gegenüber Brüssel auch noch Bedenken am Sanierungsmodell für die ÖVAG geäußert haben soll, war Fekter endgültig verärgert. Wobei sich die FMA durchaus die Frage gefallen lassen muss, warum sie zwei Jahre lang zusah, wie das Spitzeninstitut der Volksbanken an den Rand des Abgrunds gewirtschaftet wurde.
Trotzdem, eine neue FMA-Führung muss durch den Ministerrat und koalitionärer Wirbel ist vorprogrammiert. Der aus der Notenbank kommende Ettl, dessen Vertrag Anfang 2013 ausläuft, ist der engste wirtschaftspolitische Berater von Faymann. Auf ihn hört Faymann mehr als auf Nationalbank-Chef Ewald Nowotny. Ettls Bestellung in den FMA-Vorstand war sogar ein Thema bei der Regierungsbildung. Leichter wird es Fekter mit Pribil haben. Fachliche Qualifikation und Durchsetzungsfähigkeit des ehemaligen Kabinettmitarbeiters von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel sind auch in den eigenen Parteireihen umstritten.
Wieder verworfen hat Fekter ihren Plan, den schwergewichtigsten Sektionschef im Finanzministerium zu entmachten – Gerhard Steger, fachlich erstklassiger, SP-affiner Herrscher übers Staatsbudget. Das nächste Budget steht an und Fekter dürften doch Bedenken gekommen sein, auf Stegers Expertise zu verzichten. Mit dem sehr selbstbewussten Rockmusik-Fan Steger hat sich allerdings noch kein Minister leicht getan.
Sein Ex-Chef Karl-Heinz Grasser hängte ihm ein Disziplinarverfahren an, das Nachfolger Willi Molterer wohlweislich rasch wieder einstellte. Stegers Vertrag als Sektionschef läuft im August aus und hätte Ende Mai gekündigt werden müssen. Was Fekter dann lieber doch nicht tat.
"Fekter hat ihm nicht einmal zugehört"
Vielleicht mag auch mitgespielt haben, dass derzeit schon zwei der drei wichtigsten Sektionen im Haus neu besetzt sind. Thomas Wieser, einer der renommiertesten Finanzexperten Europas, flüchtete nach Brüssel, wo er seit Anfang Februar die EURO-Working-Group leitet. Jenes einflussreiche Gremium, das die Treffen der Finanzminister vorbereitet. „Fekter hat ihm nicht einmal zugehört, wenn Wieser was erklärte“, erinnert man sich im Ministerium an den verständlichen Frust des politisch unabhängigen Spitzenbeamten. Dass Fekter ausgerechnet mitten in der Eurokrise den Journalisten und Pressesprecher ihres Hauses, Harald Waiglein, zum Nachfolger bestellte, sorgt für Verwunderung.
Banken
Auch im Bankenbereich kam Fekter zur Unzeit Know-how abhanden. Michael Höllerer, der maßgeblich an den Bankenrettungsaktionen mitarbeitete und den Fekters Vorgänger Josef Pröll von Raiffeisen ins Kabinett holte, ist kürzlich wieder unters Giebelkreuz zurückgekehrt. „Fekter hat in ihrer unmittelbaren Umgebung keinen Berater für die Banken, und das in Zeiten wie diesen“, sorgt man sich in Finanzkreisen. Aber vielleicht glaubt Fekter, ohnehin keinen Rat zu brauchen. Unter Bankern wird hämisch kolportiert, selbst Josef Ackermann, Ex-Chef der Deutschen Bank, sei beim Gedankenaustausch mit der „Schotter-Mizzi“ kaum zu Wort gekommen.
Dafür hat die Frau mit dem Stahlhelm den vormaligen Vize-Chef der Bawag, Stephan Koren, VP, an die Spitze der ÖVAG geprügelt. Er wäre viel lieber in die Nationalbank gegangen, deren Direktorium Ende August 2013 ausläuft. „Fraglich, ob Koren ein operativer Sanierer ist. Er passt sicher viel besser in die Notenbank“, meint man in Bankkreisen. Mit dem ehemaligen Möbelhändler Hans Jörg Schelling, VP, machte sie nicht gerade einen ausgewiesenen Bankenkenner zum Aufsichtsrats-Vorsitzenden der teilverstaatlichten ÖVAG.
In der proporzmäßig streng aufgeteilten Notenbank dürfte Fekter in die Verlegenheit kommen, einen Nachfolger für den schwarzen Vize-Gouverneur Wolfgang Duchatczek zu finden. Der ist immer noch Beschuldigter im Schmiergeldskandal um die Gelddruck-Tochter OeBS und dürfte in die Pension verräumt werden.
Die Wiederbestellung von Notenbank-Chef Nowotny ist offenbar fix. Zwar wurde kurz mit Ex-EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell, ebenfalls SP, gewachelt, aber Nowotny wird das Rennen machen. Offen ist dagegen, ob Fekter den ehemaligen Stahlmanager Claus Raidl, VP, wieder an die Spitze des Generalrats (quasi Aufsichtsrat) der Notenbank setzt. Der gegenüber der eigenen Partei oft schonungslos kritische Raidl wirkt jedenfalls sehr gelassen, er hat schon erklärt, „kein postengeiler Pensionist“ zu sein.
Staatsholding ÖIAG
Schließlich wäre da noch die zum Finanzministerium ressortierende Staatsholding ÖIAG (OMV, Telekom, Post). Fekter und Teile der ÖVP hätten für den auch nach Brüssel entflohenen Kurzzeit-ÖIAG-Chef Markus Beyrer gerne den ehemaligen steirischen VP-Landesrat Herbert Paierl. Doch der unabhängige Aufsichtsrat unter dem Industriellen Peter Mitterbauer und Vize Sigi Wolf will keinen ÖIAG-Chef mit Parteipunze. Sodass die Chancen von Ex-AUA-Vorstand Peter Malanik ganz gut stehen, mit ihm könnte auch die SPÖ leben. Aber möglicherweise zaubern Mitterbauer und Co. in der Sitzung am 7. September noch einen Überraschungskandidaten aus dem Hut.