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Rote Zahlen in St. Marx: Verluste sozialisiert?

Je tiefer gebohrt wird, desto mysteriöser werden die Strukturen und Hintergründe rund um das Media Quarter Marx, das Prestigeprojekt der Stadt Wien auf dem Gelände der ehemaligen Schlachthöfe. Fritz Aichinger, Klubobmann der VP im Wiener Rathaus, hat mittlerweile einen bösen Verdacht: "Die Verluste, die das Media Quarter macht, bleiben offenbar beim öffentlichen Partner hängen." So hat sich die Stadt Wien die Public Private Partnerschaft – PPP-Modell nennt man solche Kooperationen von öffentlichen und privaten Investoren – aber ganz bestimmt nicht vorgestellt.

Faktum ist, dass die Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft MQM , an der die Stadt über ihre Technologieagentur ZIT 40 Prozent hält, seit ihrer Gründung 2007 immer höhere Verluste einfährt. Bis Ende 2011 summierte sich das Minus auf 4,2 Millionen Euro. Das ausgewiesene Eigenkapital schrumpfte von ursprünglich 11,2 auf zuletzt 7,2 Millionen Euro. Was die Stadt in der Bilanz der Technologieagentur auch so ausweist.

Das Eigenkapital des privaten 60-Prozent- Partners VBM ist mit 6,8 Millionen Euro allerdings annähernd stabil geblieben, als Verlust scheinen nur rund 195.000 Euro auf. "Die VBM ist eine reine Beteiligungsgesellschaft", erklärt dazu VBM-Geschäftsführer Christian Bodizs. 2012 soll es mit den roten Zahlen im Media Quarter überhaupt vorbei sein, da mit Jahresbeginn die ersten Mieter eingezogen und man heuer zu 85 Prozent ausgelastet sei, versichert Bodizs. Anlaufverluste seien in der Immobilienentwicklung üblich.

Gänzlich verwirrend wird es mit der ITN Management, die der Ehefrau von Andreas Lenzinger , auch Geschäftsführer des Mediencenters, gehört. In deren Bilanz findet sich jedoch kein Hinweis auf die Zweidrittelbeteiligung an der VBM. Als Aktiva sind lediglich 23.592,37 Euro ausgewiesen ...

Die Wiener Schwarzen fordern Aufklärung und brachten jetzt eine Anfrage im Gemeinderat an SP-Bürgermeister Michael Häupl ein. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob und wie die Stadt ihre privaten Partner vor dem Start des Großprojekts geprüft hat. Auf Transparenz und finanzielles Potenzial sowie die "wirtschaftlichen Voraussetzungen für ein PPP-Modell im Bereich Medienwirtschaft". Und wie es überhaupt zur Auswahl dieser Partner kam. Anfänglich war ja noch der ehemalige Nationalbank-Präsident Adolf Wala in St. Marx mit dabei. Er verkaufte seine Anteile aber bald an die ITN. Die hat zwar keine Mitarbeiter, gibt aber laut Anfrage ein breites Tätigkeitsfeld an, von Unternehmensberatung bis zu Tennisplätzen.

ORF-Standort

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Politische Brisanz hat St. Marx mit der Standortentscheidung des ORF bekommen. Eh klar, dass sich die Rathaus-Opposition auf das Thema setzt. Sollte der Staatsrundfunk vom Küniglberg auf ein Grundstück der Stadt Wien übersiedeln, würde diese unmittelbare Nachbarschaft das Media Quarter enorm aufwerten. Derzeit findet ORF-General Alexander Wrabetz dafür aber keine breite Mehrheit im Stiftungsrat.

Mit ein Grund, zu klären, wer hinter den privaten Eigentümern des Mediencenters steht. Denn die A.V. Maximus Holding gibt sich ebenfalls als Mehrheitspartner der Stadt aus. In der Anfrage an Häupl werden die Protokolle eines maltesischen Zivilgerichts zitiert, über die der KURIER bereits berichtet hat. Die Maximus gehört einer Gesellschaft auf einer karibischen Steueroase, als deren Eigentümerin sich Elnara Shorazova deklarierte. Sie ist die Ehefrau des kasachischen Ex-Botschafters Rakhat Aliyev , gegen den in Österreich vier Strafverfahren laufen. Die Stadt lässt nun die Consultatio die Causa durchleuchten. Sollte die Maximus nicht freiwillig offenlegen, werden die Wirtschaftsprüfer aber ergebnislos abziehen müssen. Dann kann nur die Justiz Licht ins Dunkel bringen. Die FPÖ hat bereits eine Strafanzeige eingebracht, wegen des Verdachts auf Geldwäsche und Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Häupl muss sich von der VP die grundsätzlich die Frage stellen lassen, "warum die Stadt Wien überhaupt Gelder der Technologie-Agentur, die für die Forschung bestimmt sind, in ein Immo-Projekt für die Ansiedlung von Medienunternehmen investiert". Und ob er "eine Restrukturierung bei der Geschäftsführung der Media Quarter Marx" für notwendig erachtet. Der ZIT-Geschäftsführer der Stadt Wien, Claus Hofer, hat offenbar einen Maulkorb bekommen. Ein Termin am letzten Donnerstag mit VP-Gemeinderat Axel Neuhuber wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.