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AVZ-Stiftung: Wie gewonnen, so zerronnen

Der ehemalige Wiener VP-Vizebürgermeister Bernhard Görg vergleicht die „Stiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten“ gerne mit dem Märchen „Hans im Glück“. Ein junger Mann tauscht einen Klumpen Gold so lange ein, bis er nur noch zwei Steine hat. Er glaubt jedes Mal, ein gutes Geschäft zu machen. Während der kleine Hans am Ende so richtig glücklich ist, dürfte dies bei den Vorständen der Stiftung nicht der Fall sein.

Bei ihrer Gründung 2001 war die AVZ Stiftung reich. Sie hielt als drittgrößter Aktionär 5,39 Prozent an der bayerischen HypoVereinsbank, die wenige Monate zuvor mit der Bank Austria fusioniert hatte. Dieses Aktienpaket wurde damals auf 1,7 Milliarden Euro geschätzt. Heute hat die Stiftung laut Insidern nur noch 0,44 Prozent an der UniCredit. Wert zum aktuellen Börsenkurs: 27,6 Millionen Euro.

Vermögensvernichtung

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Wie konnte es zu dieser ungeheuren Vermögensvernichtung kommen? Die Anfänge reichen in die Zentralsparkasse der 1980er-Jahre zurück. Die gehörte über die Anteilsverwaltung Zentralsparkasse praktisch sich selbst, stand aber unter Kuratel des Wiener Gemeinderates, der die Vorstandsmitglieder bestimmte. Der operative Bankbetrieb wurde in eine Aktiengesellschaft ausgegliedert.

Durch die Fusion mit der Länderbank zur Bank Austria fiel der Anteil der AVZ auf unter 40 Prozent. Dann gelang dem damaligen Bank-Austria-Chef Gerhard Randa die politisch heftig umstrittene Übernahme der CA, und die AVZ rutschte auf 27 Prozent zurück.

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Inzwischen hatte der Wiener SP-Bürgermeister Michael Häupl die absolute Mehrheit verloren, VP-Chef Görg machte die Privatisierung der Bank Austria zur Koalitionsbedingung. Was Häupl gar nicht so ungelegen kam, denn im Rathaus lagen die Nerven blank. Die Krise in Russland bedrohte die Bank Austria ernsthaft, bei der Creditanstalt waren enorme Verluste in Nord- und Südamerika an die Oberfläche gekommen. Die Gemeinde Wien haftete für die Bank mit rund 120 Milliarden Euro. Ein Desaster für die Stadt, wären die Haftungen schlagend geworden.

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Wie aus dem Dilemma herauskommen? Die AVZ als größter Aktionär beauftragte Randa, eine Lösung zu finden. Mit dem Verkauf der Bank und der Umwandlung der AVZ in eine Stiftung glaubte man, die rettende Idee gefunden zu haben. Etliche internationale Großbanken winkten ab, bis Randa die HVB vorschlug.

Heute haftet Wien nur noch für Altschulden und Pensionszusagen von rund sieben Milliarden Euro, die jährlich weiter abgeschichtet werden.

Die Haftungen für die aktuellen Verbindlichkeiten der Bank Austria, so zwischen 120 und 150 Milliarden Euro, hat die Stiftung. Obwohl de facto die Politik alles entschied, stand Randa in der Öffentlichkeit als alleiniger Buhmann da.

Mit im Boot: FPÖ

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Die FPÖ, die den Verkauf der Bank Austria bis heute eifrig skandalisiert, saß übrigens mit im Boot. Sie hatte den Immobilienmakler Ernst Karl Plech als Vorstand in die AVZ reklamiert. Der brachte es später als Spezi von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Beschuldigter im BUWOG-Skandal zu breiterer Bekanntheit.

Kurz nach der Fusion kam die HVB ins Schlingern. Mit dem Aktienkurs ging es steil bergab – detto mit dem Wert des Aktienpakets der Stiftung. Diesmal warfen die Deutschen die Nerven weg und begaben sich unters vermeintlich sichere Dach der UniCredit. Gegen die Fusion mit den Italienern stimmte im HVB-Aufsichtsrat neben Randa auch Hans-Werner Sinn, Chef des deutschen Ifo Instituts. Randa trat nach dieser Niederlage als Aufsichtsrat zurück.

Schuldenkrise

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Doch zurück zur Stiftung, nun UniCredit-Aktionärin. Die Großbank geriet im Vorjahr in den Strudel der Schuldenkrise ihres Heimatlandes und versucht derzeit, über eine Kapitalerhöhung 7,5 Milliarden Euro aufzubringen. Die Stiftung soll im Ausmaß ihrer Bezugsrechte mitgezogen haben. Da wesentlich mehr Aktien als geplant ausgegeben werden müssen, verwässert sich der AVZ-Anteil. Die UniCredit-Aktie legte am ersten Tag der Kapitalerhöhung den größten Absturz seit 25 Jahren hin. Anzunehmen, dass sich der Kurs wieder erholen, aber bei Weitem nicht frühere Höhen erreichen wird. Die Stiftung hat noch das Glück, dass sie ihre Aktien nie zum Kurswert bilanzierte. Jetzt könnte sie allerdings Abschreibungsbedarf haben.Zwar ist man nachher immer klüger, die Stiftungsvorstände müssen sich trotzdem den Vorwurf gefallen lassen, warum sie nicht die Reißleine gezogen haben. Innerhalb des Gremiums wurde ohnehin immer wieder über den Verkauf größerer Aktienpakete gestritten. „Da gab’s richtige Krisensitzungen. Laut Stiftungszweck müssen wir die Aktien halten, aber was ist wichtiger: überleben oder an den Aktien kleben?“, sagt ein Mitglied. Ab 2009 wurden dann Teile verkauft.

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Die 14-köpfige Stiftungstruppe ist bunt durchmischt. Neben dem pensionierten Wiener Magistratsdirektor Ernst Theimer und Randa sitzen die ehemaligen Bank-Austria-Vorstände Karl Samstag, Friedrich Kadrnoska und Franz Zwickl im Vorstand. Die beiden Letzteren sind auch im Board der UniCredit vertreten und führen maßgeblich die Stiftungsgeschäfte. Mit dabei auch der Rechtsexperte und Burschenschafter Waldemar Jud, gut bekannt mit dem verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Der stramme Professor gehört anscheinend zu jenen Vorständen, die laut Statut „unter Bedachtnahme auf das öffentliche Interesse“ zu bestellen sind.

Immerhin hat die Stiftung die Verschuldung ihres gesamten Imperiums mit Anteilen am Verkehrsbüro, der Immo-Gruppe Bank Austria Real Invest, der Kontrollbank und Card Complete, von einer Milliarde Euro (2004) auf heute 80 Millionen reduziert.

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Mit zwei Dritteln ihres Gewinns muss die Stiftung jährlich den Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) dotieren. Bis zum Vorjahr flossen insgesamt 67,18 Millionen Euro in den Fonds. Die UniCredit schüttet für 2011 keine Dividende aus, doch die Stiftung hat der Stadt für heuer acht Millionen Euro zugesagt. Diese Summe wird vermutlich von den anderen Beteiligungen kommen müssen. Bis heute wird aus den Vermögensverhältnissen der Stiftung ein Staatsgeheimnis gemacht.

„Die Stiftung hat nichts mit der Stadt Wien zu tun und gehörte nie zu deren Vermögen“, betont Wiens Finanzchefin Renate Brauner Distanz zur Stiftung. „Stimmt formal, doch im Fall der Auflösung fällt das Vermögen der Stadt Wien zu“, kontert Görg.