Meinung/Kolumnen/Mitte

wien mitte: Stadthallen-Theater-Großereignisse

Mit dem Erstgeborenen habe ich vergangene Woche dessen Geburtstagsgeschenk eingelöst. Wir waren bei Bruno Mars in der Stadthalle. Bruno Mars ist ein Superstar der ganz jungen Menschen; schon vor einem halben Jahr erklärte ihn mir der Erstgeborene zirka so: Er ist noch nicht ganz so berühmt wie Justin Bieber, aber viel cooler. Ohne den Ruhm Justin Biebers wirklich einschätzen zu können, kenne ich jetzt die Coolness des Bruno Mars. Sie ist groß. Und außerdem ist er total nett. Und überdies spielt er Fendergitarre, ich mein', für einen 24-Jährigen! Sie hätten mich mit 24 hören sollen. Gespielt hat er irgendwas zwischen Marvin Gaye und dem ganz frühen Michael Jackson, mit Ausflügen Richtung Chuck Berry. Jeden Ton live. Manchmal werden die Zeiten besser, dachte ich mir. So waren wir beide also bei Bruno Mars in der Stadthalle. Der Erstgeborene war vielleicht die Spur mehr bei Bruno Mars, während ich die Spur mehr in der Stadthalle war. Als alternder Wiener Popkonsument ist man ja dann irgendwann nicht mehr zum ersten Mal in der Stadthalle. Und gewisse Erinnerungen haben dann halt die Form des Roland-Rainer'schen Trapezes: Mein Gott, so manches Dylan-Konzert, darunter das unvergessliche von 1999! Der furchtbar abgemischte und dabei so gut gespielte Bad Seeds Gig von 2000! Das entsetzliche Santana-Konzert im selben Jahr, das man vor lauter Kitsch bei der dritten Nummer verlassen musste, obwohl Touré Kunda die beste Vorgruppe aller Zeiten war! Und dann kommen die wirklich saftigen Erinnerungen. Filetstückerln des Selbsterlebten aus der Zeit, als Popmusik noch nicht so wichtig war. Die Stadthallen-Theater-Großereignisse aus der Kindheit. Pierre Brice himself als Winnetou, der einen dermaßen erschaudern ließ, dass man die Old-Shatterhand-Besetzung mit Bruce Low ("Das alte Haus von Rocky Tocky") statt Lex Barker vergeben konnte. Oder, noch unpackbarer: Ali Baba und die 40 Räuber, mit Peter Rapp (!!!) als singender, galoppierender Räuberhauptmann. Während die Altersgenossinnen des Erstgeborenen diesen und mich in einen handfesten Tinnitus hineinschreien, versinke ich in solchen Erinnerungen. Roland Rainer, er ruhe in Frieden. Ein Teil meines Bewusstseins trägt die Form seines Trapezes.ernst.molden(at)kurier.at