Leben im Asterix-Band
Im ganz großartigen, gar nicht zu überschätzenden Asterix-Band „Der Seher“ prophezeit der Hellseher Lügfix, dass auf ein Unwetter Sonnenschein folgen wird, und das ganze gallische Dorf ist tief beeindruckt. In Österreich folgt auf Sonnenschein ein Unwetter, und der Fensehmoderator Wolf fragt mit leicht angespannter Stimme: Was ist mit dem Wetter los?Eh nix, sagt ein sehr lässiger Klimatologe bei der ZAMG, aber ich gehe davon aus, dass die österreichische Fernsehnation von dem Beitrag trotzdem tief beeindruckt ist. Als das Unwetter gerade seinen Auftritt hatte, weilten die Liebste, die Brut und ich jedenfalls im Tiroler Alpendorf, wo meine Eltern hausen und Teile meiner Jugend stattfanden. Es war sehr schön und unfad: Der Hagel fiel auf die von uns bespielten Minigolfplätze, der warme Sommerregen hüllte uns ein, als wir Forellen fingen, der Sturm blies uns an, als wir den Berg bewanderten. Abends sprach ich mit Bekannten: Ich ließ mir erzählen, was im Dorf passiert. Man schilderte mir, dass ein weiterer Berg durch einen Lift verhunzt werden sollte, um das Dorf mit dem Nachbardorf skimäßig zu verbinden. Im Nachbardorf gebe es zwar nur einen Skilift, aber für die Behauptung einer „Skischaukel“ werde es schon reichen. In bester Kuchlpsychologie stellte ich die Frage, weshalb die Fortschritts-Heinis immer erektiv nach oben strebten. Dann erzählte ich den Tirolern von meinem Wiener Bezirk, wo man ein adipöses „Hochhaus“ errichtet hat, um „Büroflächen und ein Shopping-Center“ zu schaffen, was die Gegend so dringend braucht, wie das Bergdorf seine „Skischaukel“. Als ich ein paar Tage später nach Wien zurückkam, sagte man mir, dass nunmehr alle Finanzbeamten Wiens, außer jene aus Floridsdorf und Kagran, ins Hochhaus von Mitte ziehen würden. Sofort fiel mir der gar nicht zu überschätzende Asterix-Band „Die Trabantenstadt“ ein. Da finden sich für eine gefährlich nahe am gallischen Dorf gelegene römische Siedlung keine Mieter, und drum müssen die Legionäre einziehen. Trotzdem sage ich Ihnen eins: Mir ist ein Finanzamt tausend Mal lieber als ein Shopping-Center. Ich bin auf der Seite der Finanzbeamten. Für sie und für mich könnte – was heißt: müsste unsere alte Markthalle sofort wieder aufsperren!
ernst. molden(at)kurier.at