Meinung/Kolumnen/Trenklers Tratsch

In Erinnerung an einen Hitler-Günstling

Im August 1944 wurde er in Hitlers Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Dirigenten aufgenommen.

Thomas Trenkler
über den Böhm-Preis des Landes Steiermark.

Vor Kurzem erhielt Dirk Kaftan, Chefdirigent der Grazer Oper, den Interpretationspreis des Landes Steiermark. Christian Buchmann, der Kulturlandesrat (ÖVP), "freute" sich über die Entscheidung. In seiner Aussendung wurde nebenbei erwähnt, dass der Preis, "der an den in Graz geborenen Dirigenten Karl Böhm erinnern soll", seit 1998 alle drei Jahre vergeben wird.

Auf Nachfrage bestätigt Buchmann, dass es den Böhm-Preis tatsächlich erst seit 1998 gibt, abgesegnet vom damals zuständigen Peter Schachner-Blazizek ( SPÖ). Zuvor sei des Komponisten Johann Joseph Fux gedacht worden; und die Umbenennung sei auf Vorschlag der Kunstuniversität erfolgt. Doch was sei so schlimm, einen Preis nach Karl Böhm zu benennen?

Nun ja, auf Fürsprache von Adolf Hitler, der im Jänner 1933 in Deutschland die Macht übernommen hatte, wurde Böhm 1934 Nachfolger von Fritz Busch an der Semperoper in Dresden. Busch war vom NS-Regime zu Rücktritt und Emigration genötigt worden. 1943 ernannte man Böhm zum Direktor der Wiener Staatsoper.

Im August 1944 wurde er in Hitlers Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Dirigenten aufgenommen, was ihn vor einem Kriegseinsatz bewahrte. 1945 entfernten die Alliierten Böhm "wegen zu großer Nähe zum Nazi-Regime" (wenngleich er kein NSDAP-Mitglied war) aus der Staatsoper und belegten ihn – wie auch Herbert von Karajan – mit einem Auftrittsverbot.

Pikanterweise ist auf der Homepage des Landes Steiermark von alldem nichts zu lesen. In der Böhm-Biografie steht unter dem Zwischentitel "Große Erfolge" lediglich: "Nachdem Böhm 1942 Dresden verlassen hatte, ging er zurück nach Wien, wo er zwischen 1943 und 1945 sowie zwischen 1954 und 1956 die Staatsoper leitete."

Buchmann meint, er habe keine Ahnung von Böhms NS-Nähe gehabt; er werde die Namensfindung für den Preis nun "ergebnisoffen" hinterfragen lassen.

Auch in Salzburg könnte man sich dem Problem stellen. Das von den Salzburger Nachrichten erstellte Salzburgwiki vermeidet das Wort " NS" tunlichst: Es wird nur vermerkt, dass Böhm 1938 zum ersten Mal bei den Festspielen dirigierte. Nach Böhm, Ehrenbürger der Stadt, ist in Parsch ein Weg benannt – und "ihm zu Ehren" gibt es im Festspielbezirk den Karl-Böhm-Saal.

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In der Akademie der bildenden Künste ging soeben die Ausstellung "Lust am Schrecken" zu Ende. Sie war mit 15.626 Besuchern ein enormer, mit Hymnen bedachter Erfolg.

Nun folgte ein echter Schrecken – für Martina Fleischer und Cornelia Reiter, die interimistischen Direktorinnen der Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinetts. Denn Rektorin Eva Blimlinger schrieb aus Synergie- und Budgetgründen eine gemeinsame Leitung aus. Die Stelle wird ab 1. Oktober für sechs Jahre besetzt.