Tagebuch: Schnee von morgen
Er war nicht das letzte Rennopfer. Und er hat das Schicksal vorbildlich gemeistert. Vater geworden, Studium absolviert. 44 Monate nach seinem folgenschweren Sturz in Norwegen, wird Matthias Lanzinger, 30, im Wiener UNIQA-Tower am Mittwoch über seine neuen Pläne informieren. Danach begeben sich Ski-Reporter zum Pressekonferenzen-Slalom nach Sölden. Nicht weniger als elf PR-Veranstaltungen sind dort anlässlich des Saisonauftaktes angesetzt. Nur Freitagnachmittag sind Medienvertreter unerwünscht. Wenn die FIS ihre Materialreform gegenüber skeptischen Rennläufern rechtfertigt. Nicht sofort, aber im nächsten Winter, in dem Schladming WM-Schauplatz sein wird, hat mit längeren und schmäleren Skiern gefahren zu werden. Wird dadurch die Zahl der Rennunfälle endlich geringer? Athletensprecher Kilian Albrecht, dem die Unterschriften von 200 Fahrern vorliegen, bezweifelt das. Der Ski-Akademiker ortete Widersprüche bei der FIS-Studie. "Wenn's einerseits z. B. heißt, dass Ermüdung der große Risikofaktor sei, die FIS-Tests andrerseits aber nie länger als 34 Sekunden gedauert haben." Der Konter von FIS-Oberlehrer Günter Hujara bleibt garantiert nicht aus. Und Laien wird's ähnlich gehen wie bei TV-Diskussionen über Griechenland, Banken und Spekulanten. Von zehn Experten hören sie elf verschiedene Meinungen. Garantiert und wichtig aber ist: Der Normalskifahrer (und das ist immerhin jeder Zweite zwischen 14 und 70 in Österreich) braucht nicht zu befürchten, dass er, wenn er heuer Skier kauft, damit nächstes Jahr schon belächelt wird. Der Carver verkommt nicht zum Museumsmodell. Die Materialreform betrifft nur den Rennski. Der freilich ist von unsereinem schon jetzt ebenso wenig zu beherrschen wie ein Formel-1-Bolide von einem Motorradlfahrer. Es sei denn, er heißt Lanzinger. Trotz Verlust eines Unterschenkels wird Matthias noch viele Winter den Hahnenkamm meistern. Gleichgültig ob mit kurzem Touristen- oder längerem Rennski.