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Tagebuch: Nie wieder

Wer 37. Teamchef seit 1945 wird - darüber kann weiterhin spekuliert werden. Fest steht, dass kein ehemaliger Bundestrainer auch nur im Entferntesten daran denkt, beim FC Masochismus alias Nationalteam rückfällig zu werden. Ex-Teamchef Hans Krankl hat zu Sky einen ungleich besseres Verhältnis als zum ÖFB und wird beim Abo-Sender künftig stärker denn je präsent sein. Ex-Teamchef Josef Hickersberger steht in den Emiraten, nachdem er mit Al Wahda den Supercup gewann, das erste Trainerduell mit Diego Maradona bevor, der soeben straffrei den Schiedsrichter fünf Minuten beschimpfen durfte. Ex-Teamchef Alfred Riedl, der heuer trotz seiner Wahl zu Indonesiens "Trainer des Jahres" einer Palastrevolution im Verband des 240-Millionen-Einwohner-Landes zum Opfer fiel, soll in den nächsten drei Jahren als Sportboss von Laos Entwicklungshelfer spielen. Und Ex-Teamchef Herbert Prohaska bleibt lieber ORF-Analytiker, womit dem künftigen Teamchef, wie immer er heißen mag, eine faire Beurteilung garantiert ist. Gemeinsam haben die vier Arrivierten 196 Länderspiele auf dem Buckel, während Interimsteamchef Willibald Ruttensteiner nie im Oberhaus geschweige denn im Team kicken durfte. Doch Beispiele à la Mourinho, Klopp zeigen, dass Länderspieleinsätze nicht Basis für eine Trainerkarriere sein müssen. Ruttensteiner wird freilich von Altstars und ÖFB-Mitarbeitern auch Radlfahrer genannt, obwohl der ÖFB-Langzeitsportdirektor und Präsidenten-Günstling das "Nach-oben-Buckeln, Nach-unten-Treten" gar nicht notwendig hat. Elegantes Auftreten, rhetorisch überzeugend, international gut vernetzt und in Sachen elektronischer Kommunikation am neuesten Stand - Ruttensteiner repräsentiert genau den glatten, nicht uneitlen Konzerntyp wie ihn die heutige Geschäftswelt bevorzugt. In den nächsten Wochen kann der Umstrittene beweisen, dass er auch hinsichtlich Menschenführung keine Defizite hat.