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Tagebuch: Im Osten viel Neues

Statt 12 Stunden saß Marcel Hirscher am Donnerstag nur 70 Minuten im Flugzeug. Statt ins ferne Asien führte die Reise in den Balkan.Fast schon vergessen ist, dass Japan fix im alpinen Weltcup-Kalender aufgeschienen war. Fukushima zwang die FIS zum Umdenken. In der Erdbebenzone haben die Menschen andere Sorgen.

Für die Japaner springt Bansko ein. Die Bulgaren haben sich als Torlauf-Veranstalter schon einmal erstaunlich gut bewährt.Von Sofia wird Hirscher nach Moskau fliegen, wo Dienstag – nur einen kräftigen Tormann-Ausschuss von Fußballstadion entfernt – eine Stunde vor dem Champions-League Spiel ZSKAReal Madrid auf einer Riesenrampe ein Parallel-Rennen gefahren wird.Die Skistars im Vorprogramm von Cristiano Ronaldo? Hirscher und sein Konkurrent Beat Feuz sehen das anders. Müssen es anders sehen. Denn in Moskau werden im vermeintlichen Showbewerb bei dessen dritter Auflage erstmals Weltcuppunkte vergeben. Eine Neuheit, die sich in Abwesenheit des verletzten Ivica Kostelic vorentscheidend auf den Gesamtweltcup auswirken könnte.

Im November 2009 bekam Moskau-Sieger Hirscher statt Punkten 40.000 Euro Prämie. Die Premiere hatte ein halbes Jahr zuvor, am 2.Jänner 2009, Felix Neureuther gewonnen. Am selben Tag, an dem der Gaskonflikt zwischen Russland und Ukraine die Weltöffentlichkeit beschäftigte. Deshalb dachten die Rennläufer zunächst an einen Scherz, als sie vom damaligen Olympia-Präsident Leonid Tiagatschew im Auftrag Wladimir Putins zu einem Eintages-trip ins zweieinhalb Flugstunden entfernte Sotschi eingeladen worden waren.Doch dann standen zwölf Skistars plus ÖSV-Alpinchef Hans Pum, plus Putin-Freund Karl Schranz und drei Reporter schon am 3. Jänner in Schwarzmeer-Nähe bei der Sessellift-Mittelstation, um auf Putin zu warten. Der schwang tatsächlich mit Skiern (und ohne Helm) pünktlich um die Ecke.Jeder Rennläufer wollte sich mit ihm fotografieren lassen. Das Gedränge war dermaßen groß, dass ich plötzlich einen Stoß bekam und Putin auf die Skier stieg. Der stiernackige Security reagierte gar nicht russisch – er lächelte. Gleiches tat später Putin, als US-Olympiasieger Ted Ligety nach einem opulenten Dinner dem mächtigsten Russen jovial auf die Schulter schlug und rief: "Super, Mister President."Ein paar Meter daneben stand der offizielle Präsident. Dimitri Medwedew lächelte nicht.