Tagebuch: Gleitpensionisten
Wir müssen schrittweise tun, was wir uns leisten können." Dieser Satz des Sozialministers zur Pensionsreform rutschte, nein, nicht gestern, sondern vor genau 40 Jahren an den untersten Rand der KURIER-Titelseite. Verdrängt vom olympischen Ausschlusstheater um Karl Schranz. Ähnlich wie die Politik geriet damals Trixi Schuba in den medialen Schatten. Und das, obwohl sie in Sapporo Österreichs einzige Goldene erobert hatte. Frau Schuba wird auch in den letzten Tagen einen Grant gekriegt haben, als ORF und Zeitungen anlässlich des 40. Jahrestages Schranz-Nostalgie betrieben, während das, was sie, Schuba, im Februar ’72 ins japanische Eis gezaubert hatte, ungewürdigt blieb. Daher sei daran erinnert: Dass nach Schuba nie mehr eine rot-weiße-rote Eisprinzessin bei Olympia auf Podest schlittelte; dass zu Schubas Zeiten der Kunstlauf - abgesehen von der Geschäftsstörung durch Schranz - einen dermaßen hohen Stellenwert besaß, weshalb der ORF sogar jede nationale Eishupferei zeigte; dass damals Eislaufmuttis, die ihre Töchter um 6 Uhr Früh zum Training brachten, zum Synonym für Überehrgeiz wurden. Heute kann mit dem Begriff Eislaufmutti kaum jemand etwas anfangen. Aktuell ist vielmehr von Vätern des (Ski-)Erfolges die Rede: Von Harti Weirather, dessen Tina im Weltcup auftrumpft; von Luc Alphand, dessen Tochter Estelle bei Jugendolympia vier Medaillen holte; vom Olympia-Zweiten ’88 Helmut Mayer, dessen Mathias nur noch der Sturzteufel (wie am Samstag in Sotschi) bremst; von ÖSV-Cheftrainer Mathias Berthold, dessen Sohn Frederic in dieser Woche erstmals im Europacup dominierte; von Patrick Ortlieb, dessen Nina am Tag genau 20 Jahre nach Papas Olympiasieg ihren ersten FIS-Riesentorlauf gewann. Somit haben die Rennrentner keine Aussicht auf Ruhe in ihrer Gleitpension.