Meinung/Kolumnen/Stadtgeflüster

Schleierhaftes Argument

Zum Schutze der Musliminnen? So ein Blödsinn. Hier geht es nicht um die Rechte der Frauen.

Anna-Maria Bauer
über das Kopftuchverbot

Da sind sie ja wieder.

Menschen, die sich lautstark für ein Kopftuchverbot aussprechen, erst recht in den Kindergärten und Schulen – "weil man die muslimischen Frauen doch vor der Unterdrückung schützen muss".

So ein Blödsinn.

Hier geht es doch gar nicht um die Rechte der Frauen. Mit einem Verbot würde man schließlich genau das Gleiche machen wie diejenigen, denen man Frauenunterdrückung vorwirft. Man würde Frauen vorschreiben, wie sie sich zu kleiden haben. Nur andersrum. Und was genau soll ein Burkaverbot im öffentlichen Raum oder ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst an dem patriarchalen System der muslimischen Welt ändern, an dem sich so viele stoßen? Dass wir diese Frauen dann nicht mehr sehen, heißt nicht, dass ihre Probleme weg sind.

Wenn die Rechte der Frauen tatsächlich so vielen Menschen in Österreich ein Anliegen wären, wieso gibt es dann keinen Aufschrei, dass hierzulande immer noch jede fünfte Frau seit ihrem 15. Lebensjahr Gewalt erfahren hat? Die aktuelle Eurobarometer-Studie zeigt übrigens, dass die Hälfte der Österreicher Gewalt gegen den Partner weder falsch noch gesetzeswidrig findet und dass ein Drittel Geschlechtsverkehr ohne Einwilligung für "gerechtfertigt" hält.

Wieso gab es keine große Debatte, als der Sozialbericht vergangene Woche veröffentlicht wurde, der darlegt, dass Frauen bei gleicher Arbeit im Schnitt um 22,9 Prozent weniger verdienen als Männer? Und dass 75 Prozent der Männereinkommen über dem Median der Fraueneinkommen liegen.

Wieso gibt es keine Diskussion darüber, dass aktuell nur sieben Prozent der Bürgermeister in Österreich weiblich sind? Oder hört die Unterstützung dort auf, wo männliche Bastionen vielleicht fallen könnten?

Wer Frauen tatsächlich stärken möchte, der sollte sie dabei unterstützen, Chancen zu bekommen und eigene Entscheidungen treffen zu können. Zum Beispiel, ob sie ein Kopftuch tragen möchten oder nicht.