Meinung/Kolumnen/Stadtgeflüster

Die Leiden des jungen Wirten

Wenn es mehr Klagen gibt als bei "Law and Order", ist etwas aus dem Ruder gelaufen.

Anna-Maria Bauer
über Lokale, Nachtruhe und Anrainer

Ein Lokalbesitzer im 7. Bezirk bekommt fast täglich Besuch von der Polizei.

Etwa, wenn nach der Schanigarten-Sperrstunde ein paar Gäste vor dem Lokal stehen und eine Zigarette rauchen. Etwas anderes bleibt ihnen in dem Nichtraucher-Lokal auch gar nicht übrig.

Eine Anrainerin hat dafür jedoch kein Verständnis. Nacht für Nacht fotografiert sie die Unruhestifter und ruft dann die Polizei an.

Das erinnert an die Bettelalm am Lugeck. Das Lokal musste heuer die Sperrstunde von sechs Uhr Früh auf Mitternacht vorverlegen – weil ein Anrainer sich von dem lärmenden Nachtschwärmern vor dem Lokal belästigt gefühlt hatte. Auch im Bermudadreieck, ein paar Gassen weiter, wurde bereits mit Lärmstörungsklagen gedroht.

Natürlich müssen Wirte sich an Regeln wie Nachtruhe oder Nichtraucherzonen halten.

Natürlich ist es gut, wenn mündige Bürger von ihrem Recht, sich zu beschweren, Gebrauch machen.

Und natürlich müssen Polizei- oder Magistratsbeamte diesen Beschwerden nachgehen.

Aber wenn Klagen und Polizeieinsätze bei einem Restaurant in der Saison häufiger vorkommen als in einer Staffel "Law and Order", ist hier offenbar etwas aus dem Ruder gelaufen.

Wer im Herzen einer Großstadt lebt, genießt zahlreiche Vorteile. Der hat Supermärkte, Ärzte, öffentliche Verkehrsmittel und Schulen in der näheren Umgebung. Oder auch den Lieblingswirten mit seinem gemütlichen Gastgarten, zu dem man an lauen Abenden noch für ein erfrischendes Getränk vorbeischauen kann.

Sobald sich jedoch der Schanigarten nicht mehr ums Eck, sondern unter dem eigenen Fenster befindet, ist es mit der Toleranz offenbar vorbei. Dann wird das Stimmengewirr nicht mehr als sympathische Untermalung, sondern als Störfaktor eingestuft.

Aber sind Gespräche und Gelächter in den nächtlichen Straßen einer Großstadt nicht erwart- und sogar zumutbar?