Der Weg zum Erfolg?

NLP. Neuro-Linguistisches Programmieren. Besonders seit dem jüngsten Präsidentschaftswahlkampf hat mich diese Technik fasziniert. Als ich unlängst über ein zweitägiges Basis-Seminar-Angebot stolperte, schlug ich zu. Ich würde ein "wunderbares Wochenende" haben, wurde mir im Bestätigungsemail versichert. Ich würde lernen, wieso manche glücklich, erfolgreich und reich sind – und andere nicht.

Und dann kam Tag 1: Im Saal lief laute Partymusik, und als der NLP-Trainer die Bühne betrat, brachen fast alle Teilnehmer in frenetischen Applaus aus. Nur ein, zwei Gesichter im Publikum sahen so ratlos aus, wie ich mich fühlte. Nachdem der Applaus verebbt war, begann der Trainer mit seinem Vortrag. Über Kommunikationsstrategien, menschliches Verhalten und darüber, dass das einzige, das zwischen uns und unserem Erfolg liege, unser Ego sei. NLP würde uns helfen, die negativen Glaubenssätze umzuprogrammieren. Etwa durch "Ankern". Das wollte er uns zeigen. Er holte eine Teilnehmerin mit Bühnenangst zu sich, die nach einigen Minuten entspannt zu uns sprach. Das Publikum klatschte erneut frenetisch. Der Trainer sagte, er würde uns gern mehr zeigen, aber die Zeit sei beschränkt. Um die 50 Techniken kennenzulernen, müssten wir den Aufbaulehrgang buchen.

In der Pause sprach mich eine Kursteilnehmerin an. Wie mir denn das Seminar gefalle, fragte sie. Unglaublich, oder? Sie war ja schon zwei Mal obdachlos, hatte ihr Leben nicht auf die Reihe bekommen. NLP hatte ihr geholfen. Sie habe jetzt auch wieder einen Job, aber der sei nur eine Zwischenstation. Sie habe sich gerade einen Kredit über 24.000 Euro genommen – und alle Lehrgänge bis zum Lebenscoach gebucht.

An die Lehrgänge wurden wir vor jeder Pause erinnert. Beim letzten Mal mit den Worten: "Was könnt ihr jetzt tun?", worauf das Publikum unisono antwortete: "Uns anmelden!" Am Schluss fragte der Trainer, wie viele sich angemeldet hatten. Rund 80 Prozent hoben die Hand. NLP, der Weg zum Erfolg? Das trifft wohl zumindest für diesen Trainer zu.