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sex IN DER FREIZEIT: Der Wille danach

Sex – und was dann? Man kam, sah und liebte. Und wie es die Sitte so will, laufen die wenigsten Menschen sofort danach mit den Worten "Tschüss, war eh supi, aber ich muss jetzt mein Auto putzen fahren" weg. Wer Anstand hat, bleibt – das ist der Wille danach.

What now, my love? Vor allem die Männer werden in der Sekunde schläfrig – Frauen je nach Befriedigungsgrad auch. Aber nicht so. Die würden gerne noch 80 bis 180 Minuten kuscheln und reden. Wenn geht, auch mehr.

Apropos, hier kann ich mit einer aktuellen Studie aufwarten: Laut Evolutionspsychologen der University of Michigan ist das Wegbüseln nach dem Beischlaf nicht so günstig: Menschen in postkoitaler Stimmung, deren Bettpartner wegbrechen, sind verunsichert. Sie sehnen sich nach Zuwendung. Zudem stellten die Wissenschaftler fest, dass Männer tendenziell vor ihren Partnerinnen einschlafen. Möglicherweise eine unbewusste Taktik, um Unterhaltungen im Stile von "Und? Wie findest du mich?". Oder: "Liebst du mich noch?" bzw. ganz schlimm: "Was denkst du jetzt?" auszuweichen. Befriedigte Männer hassen das. Sie wollen nur selten flauschiges Blabla und sich schon gar nicht mit Zukunftsthemen auseinandersetzen. Stattdessen: Wisch und weg. Einen Tschick rauchen. Den Fernseher einschalten. Bier trinken. In die Luft starren. Warten, bis sich das Meisterwerk in den Lenden erholt und noch eine Nummer geht, dazu den Porno "Klinik der Lust" schauen. Sie streicheln, von mir aus. Alles, nur nicht kompliziert herumreden, über die Zukunft der Beziehung philosophieren, in die Tiefe gehen, das Universum besprechen.

Da fällt mir ein weiterer postkoitaler Brauch ein: das Hygieneritual. Viele Damen reichen bei dieser Gelegenheit gerne eine Zupfbox mit frischen Kleenex. Man sollte nur aufpassen, dass nicht gerade die Sorte "Menthol" vorrätig ist. Aber sonst ist gegen das zärtliche Abtupfen der Liebesspuren nichts einzuwenden, vorausgesetzt es wird nicht mit einem "Pfau wie grauslich" oder "Bist du deppert, das stinkt" garniert. Am besten man wischt defensiv und diskret, oder entschuldigt sich ins Bad. Das aber bitte ja nicht in der Sekunde nach dem Höhepunkt. Frauen machen das gerne. Doch es kommt nach dem KommenFOTO: echt schlecht, wenn er noch in ihr drinsteckt und sie sich mit diesem "Killerkeim-Blick" ruckartig aus der Affäre zieht. Das wirkt schlicht, als wäre das alles ein Gnaden-Akt gewesen, den sie sich vom Leib duschen möchte. Und das soll’s ja hoffentlich nicht gewesen sein.

Ein wesentlicher Punkt ist übrigens auch: Was geschieht mit dem Kondom? Eine der häufigsten Fragen übrigens auf der Dr.-Sommer-Seite bei Bravo. Am besten man drapiert das Appetithäppchen auf ein vorrätiges Tüchlein und macht einen Knüller draus. Irgendwann wandert das Zeugs in den Mist – aber nicht ins Klo. Man will ja nicht den 24-h-Rohrdienst mit seiner Gummi-Altlast belästigen müssen.

Ein letzter Gedankenanstoß: Überlegen Sie sich bitte gut, was Sie direkt "danach" sagen. Wer nicht sofort ein "Wow, das war ein Wahnsinn. Sooo toll" auf den Lippen spürt, sollte innehalten. Und reflektieren, was jetzt verbal wirklich angebracht wäre. Und ob überhaupt.

gabriele.kuhn(at)kurier.at