Sex als Verkaufshit?
Von Gabriele Kuhn
Das dänische Reiseportal Spies, eine Tochter von Thomas Cook, hat die etwas fragwürdige Kampagne „Do it for Mom“ ins Leben gerufen. Der gedankliche Hintergrund: Frauen, die unbedingt Oma werden wollen, sollen nicht länger auf ersehnte Enkelkinder warten müssen, sondern die Sache selbst in die Hand nehmen. Nein, nicht, indem sie selbst im Herbst ihres Lebens womöglich schwanger werden, sondern ihre Töchter und Söhne proaktiv zur Fortpflanzung animieren. Die empfohlene Schwiemu-Strategie klingt so fies wie raffiniert: Das Reiseunternehmen empfiehlt den potenziellen Großmüttern nämlich, einen romantischen Urlaub in der Sonne zu verschenken. Inklusive Wellness, Sport und – festhalten! – durchstochenen Kondomen. Die Botschaft: „Wenn alles gut geht, halten sie neun Monate später ein Enkelkind im Arm.“ Der damit verbundene Spot ging in kurzer Zeit im Netz viral. Das dänische Reiseportal behauptet darin, dass zehn Prozent aller Mini-Dänen das Ergebnis guter Urlaubsstimmung wären. Und dass 46 Prozent aller dänischen Pärchen im Urlaub mehr Sex haben, als im Alltag. Ja eh, mag alles sein – und doch ist’s ein Blödsinn. Denn natürlich lässt sich Sex und damit verbundene Vermehrung keinesfalls auf diese Art verordnen. Im Gegenteil: Die Sache kann eigentlich nur schief gehen. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie zwei Menschen darauf reagieren, wenn sie draufkommen, dass die Schwiemu den Reise-Gummi absichtlich ruiniert hat, damit Söhnchens Spermien endlich ihren Weg finden. Außerdem scheint mir von Mutti verordnetes Vögeln völlig absurd und daneben. Doch ehrlich: Die Gefahr, dass das wirklich so passiert, ist ja eh sehr gering. Zumal es sich bei dem Remmidemmi um einen simplen Werbegag handelt. Wo angeblich nach wie vor gilt: Sex sells. Die Erkenntnislage dazu ist allerdings ein wenig widersprüchlich. Einigen relativ neuen Studien zufolge funktioniert der sexuelle Urinstinkt, neben Angst und Schuld, in der Werbung immer noch als bewährter Trigger. Vor allem beim Mann. Der denkt durchschnittlich circa 30-mal pro Tag an irgendwas mit Sex, was sich übers Jahr ziemlich summiert. So betrachtet, wären vor allem Herren eine ideale Zielgruppe für schlüpfrige Botschaften. Wenn etwa eine Blondine im Bikini völlig zusammenhanglos mit einem Bierflascherl posiert, dann funktioniert und flutscht das manchmal ganz fein. Allerdings nur bedingt. Denn Marketing- und Werbeexperten warnen auch davor, die Herren nicht als Triebler zu verkaufen. Sehr simpel gestrickte Botschaften und Bilder können durchaus daneben gehen. Eine Nackerte macht also noch keinen Bestseller. Was Wissenschaftler von der Ohio State University unlängst bestätigten. Die Forscher hatten insgesamt 53 verschiedene Studien mit zusammen mehr als 8.500 Probanden durchgeackert, die das Thema in Lauf der vergangenen 44 Jahre untersucht hatten. Nach der Analyse des Konvoluts kamen sie zu dem Schluss, dass Sex nicht hilft, etwas anzupreisen. Konsumenten erinnern sich nicht besser an die entsprechenden Produkte oder Marken und wollen sie auch nicht lieber kaufen. Und das, meine Damen, gilt vor allem für die lieben Männer.