Heute sicher nicht!
Von Gabriele Kuhn
Friede, Freude – Geschlechtsverkehr. Der Schnacksel- Entzug bringt am Ende den gewünschten Erfolg, alle haben sich wieder lieb.
über Sex-Entzug
Das WutbürgerInnentum macht auch vor der Liebe nicht halt. Weil ihr Ehemann Donald Trump wählte, bestrafte eine Frau ihren Mann mit einem 30-tägigen Sex-Entzug, berichteten diverse Online-Medien. Auf der Social-Media- Plattform Reddit löste die Beischlaf-Sanktion eine heftige Diskussion aus, zu der sich dann auch der Bestrafte persönlich äußerte. Dabei relativierte er die Angelegenheit, indem er erklärte, dass er und seine Frau stets unterschiedlich gewählt hätten. Diesmal allerdings sei die Enttäuschung über Hillary Clintons Niederlage offensichtlich so enorm gewesen, dass die gute Frau sich für die Beischlaf-Sanktion entschied. Ihr Ehemann meinte aber auch, dass Sex nicht als Druckmittel missbraucht werden dürfe. Damit hat er wohl Recht. Das ändert allerdings nichts daran, dass Frauen Sex immer wieder instrumentalisieren, um etwas zu erreichen. Der Sex-Streik hat eine lange Tradition. Seit der Antike gibt’s die weibliche Lust-List schon – man denke da nur an die bekannte Kommödie des griechischen Dichters Aristophanes „Lysistrata“ aus dem 5. Jahrhundert vor Christus. Darin wird der Kampf einiger Frauen gegen die Männer als Verursacher von Krieg und den damit verbundenen Leiden thematisiert. Frauen Athens und Spartas tun sich verschwörerisch zusammen, um den Frieden zu erzwingen. Unter der Führung der Titelheldin Lysistrata besetzen sie die Akropolis und verweigern ihren Ehemännern fortan Sex. Friede, Freude – Geschlechtsverkehr: Der Schnacksel-Entzug bringt am Ende den gewünschten Erfolg, alle haben sich wieder lieb im schönen, alten Griechenland. Der Stoff wurde übrigens in einem deutschen Film mit dem Titel „Sexstreik!“ verwurstet: Dabei verweigern sich Frauen ihren Männern, um den Bau einer Müllverwertungsanlage, in der auch italienischer Giftmüll entsorgt werden soll, zu verhindern. Vom Film in die Realität: Im Jahr 2012 entschieden sich Frauen aus Togo für einen siebentägigen Sex-Streik, um den Präsidenten zu stürzen. Der Herr Präsident ist immer noch an der Macht. Keine Knallerei (von „knallen“ = bumsen) erschien Frauen aus Neapel als adäquates Druckmittel, um die alljährliche Knallerei (von knallen = mit Böllern Krach machen) an Silvester zu verhindern. Die Drohung half – aber auch nicht sehr lange. In Kolumbien hingegen gibt’s ein Enthaltsamkeits-Erfolgserlebnis. Da schafften es Frauen mit der „No-Koitus-Methode“ bereits mehrmals ans Ziel: Mit einem Sex-Streik über 110 Tage konnte die Reparatur einer wichtigen Verbindungsstraße erzwungen werden. Die Aktion „Streik der gekreuzten Beine“ senkte die Mordquote des Landes signifikant, ebenso wurde ein Waffenstillstand erreicht – allerdings nicht nachhaltig. Gesellschaftspolitisch-kollektive Aktionen dieser Art haben natürlich das gewisse Etwas. Die Rebellin in uns würde gerne wieder mal ihren BH für oder gegen etwas verbrennen oder eben mit weiblicher Macht Geschichte schreiben. In einer Beziehung sollte man das aber lassen. Sex ist kein Druckmittel. Obwohl es en vogue ist: Immer wieder zeigen Umfragen, dass mehr als die Hälfte aller Frauen bereit wären, sich sexuell zu verweigern, um damit etwas zu erreichen, zu verändern oder damit böse Männer zu bestrafen. Machtdemonstration ist allerdings nie ein Mittel, um etwas zu bewegen. Stattdessen sollten wir reden. Und reden. Das können wir besser.