Meinung/Kolumnen/Schule

Was ist ein gutes Leben?

Lernen muss so schön sein, dass Kinder weinen, wenn sie Ferien haben

Niki Glattauer
über Wissensvermittlung

Bezugnehmend auf meine letzte Glosse (kurier.at/meinung/kolumnen/schule/die-liebe-frau-faymann) mailt mir der eine: "Die Tochter des Kanzlers als unerkannte Nachhilfelehrerin in Ihrer Türkenschule? Gut erfunden!" Der Nächste: "Dass man in der Schule nicht wusste, dass es sich bei dem Fräulein um die Tochter des Bundeskanzlers handelt, können Sie der Tante Jolesch erzählen." Zig weitere im gleichen Ton, egal, stecke ich weg. Weil, natürlich wussten WIR es, aber da hatte die Studentin M. ihre Mittwochnachmittage schon monatelang in der 1A verbracht. Irgendwann sprang meiner Chefin der Nachname ins Auge. Paukenschlag nichts dagegen: "Ja, das ist mein Vater. Aber bitte nicht herumerzählen, ich will nicht anders behandelt werden." Ihren Schüler outete sie sich bis zuletzt nicht. Was über die formidable Persönlichkeit "des Fräuleins" eh schon einiges sagt, oder? Damit Themenwechsel.

Den Beweis dafür, dass guter Talk Show gar nicht nötig hat, kann man sich montags auf Puls4 holen. Sofern man aufbleibt, um sich eine Sendung anzuschauen, in der zwei fast eine Stunde miteinander reden und sonst nichts. So viel steht fest: Roland Düringers "Gültige Stimme" ist für mich d e r TV-Hit des Jahres – Gedanken für den Tag jenseits von Ö1, präsentiert in einer Weise, wie man das im Fernsehen anderswo nicht sieht. Wie man mir bei Puls4 mitteilt, wird nach dem Sommer u. a. der Neurobiologe Prof. Gerald Hüther zu Gast sein, daher jetzt schon ein bisschen Hüther zum Einstimmen: "Wir versuchen immer, den Kindern in der Schule Sachwissen beizubringen. Dabei wussten schon die alten Griechen: Es geht nicht darum, Fässer zu füllen, sondern Fackeln anzuzünden." Oder: "Durch Wettbewerb kann man Fachidioten und Leistungssportler erzeugen, aber nicht umfassend gebildete, vielseitig kompetente und umsichtige, vorausschauend denkende und verantwortlich handelnde, in sich ruhende und starke, beziehungsfähige Persönlichkeiten." Und weil ja bald Ferien sind: "Lernen muss so schön sein, dass Kinder weinen, wenn sie Ferien haben. Und Kindheit muss so schön sein, dass man ein Leben lang davon zehrt." Düringers erste Frage pflegt zu lauten: "Was ist ein gutes Leben?" Bin gespannt.