Töchter der göttlichen Liebe
Von Niki Glattauer
Schulverweis. Haus- und Sprechverbot. Und dieses ohne jede Rücksprache.
über Rauswürfe von Lehrern
Weil ja Advent ist und manche nach dem PISA-Tamtam jetzt endlich ein paar mehr oder weniger besinnliche Geschichten zum Thema Schule lesen möchten, hier eine weniger besinnliche. Kurzform: Hat jetzt in Wien der sogenannte „Schulerhalter“ mir nix dir nix zwei Direktorinnen und eine Lehrerin hinausgeworfen, weil die drei einer Frau, der es psychisch schlecht gegangen ist, geholfen haben, ohne vorher um Erlaubnis zu fragen.
Kein Witz.
Und jetzt die lange Version: Tatort ein Schulzentrum in Wien-Währing, bestehend aus Volksschule, NMS und Kindergarten, geführt von der „Ordensgemeinschaft der Töchter der göttlichen Liebe“. Schlecht gegangen ist es einer langgedienten Ordensschwester. Sie leidet seit Längerem an Depressionen, hat ihren Orden darüber im Sommer auch informiert, ohne dass dieser gegengesteuert hätte (ein Ansuchen auf Versetzung wurde mit beredtem Schweigen kommentiert). Als sich bei Schwester A. zur Trübsal im nebligen Herbst verstärkt Suizidgedanken gesellten, wandte sie sich Hilfe suchend an die Direktorin der Volksschule. Die erkannte Gefahr in Verzug und handelte. Gemeinsam mit ihrer Kollegin von der NMS und einer Lehrerin, Klassenvorstand, organisierte sie für Schwester A. einen Schlafplatz (in einem Caritas-Heim), vermittelte professionelle Hilfe (Therapie) und kam ihrer ausdrücklichen Bitte nach, die ersten Schritte für einen Austritt aus dem Orden einzuleiten. Bis die „göttliche Liebe“ zurückschlug: Schulverweis. Haus- und Sprechverbot. Und dieses ohne jede Rücksprache.
Zur Hauptversammlung des Elternvereins kamen mehr als hundert (!) zutiefst betroffene Mütter und Väter und hofften auf Aufklärung. Frage: WARUM? Antwort: Weil das, was geschehen ist, hinter unserem Rücken geschehen ist. Frage aus dem Publikum: Und das gilt auch für Nächstenliebe und Hilfe? Antwort: „In einem Orden gibt es die Pflicht zur Loyalität.“ Frage aus dem Publikum: „Und was sag’ ich meinem 6-jährigen Kind, das mich fragt: ,Mama, wenn du jemandem helfen willst, verlierst du dann auch deine Arbeit?‘“ Antwort: keine Antwort. Der Leitspruch des Ordens lautet übrigens: Herzlich, mutig, kreativ....