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Serie Teil 4: Die Dreifach-Direktorin

Schulmesse, Konferenzen, Elternabend, Weihnachtsfeier – all das gehört zum Pflichtprogramm einer Volksschuldirektorin. Silvia Heinisch absolviert dieses Programm gleich drei Mal: in Kreuzstetten, in Kreuttal und in Hochleithen. Die erfahrene Lehrerin leitet alle drei Volksschulen der wenige Kilometer voneinander entfernt liegenden Orte im Weinviertel. Es sind typische Kleinschulen – eine mit vier, zwei mit nur drei Klassen und 50 bis 60 Schülern. Bis vor Kurzem hatten alle drei Schulen eigene Direktorinnen.

Ein Direktor für mehrere Schulen – das ist das Konzept des Landesschulrates, möglichst viele Schulstandorte zu erhalten und trotzdem ein modernes Schulmanagement zu ermöglichen. Niederösterreich ist mit dieser Reform im ansonsten reformresistenten Schulwesen Vorreiter.

Kleinschulen

Mehr als die Hälfte aller 630 Volksschulen in Niederösterreich sind Kleinschulen mit weniger als vier Klassen. Dass in solchen Schulen die Ressourcen nicht immer optimal eingesetzt werden, ist unvermeidbar. Die Direktoren müssen selbst unterrichten, sind aber auch mit der Administration belastet, die unabhängig von der Klassenzahl zu erledigen ist. Fallen Lehrer aus, müssen Vertreter von außen eingesetzt werden – was teuer ist. Auch die spezielle Förderung von Kindern ist schwierig, wenn nur zwei, drei Lehrer am Standort beschäftigt sind.

Seit einigen Jahren geht Landesschulratspräsident Hermann Helm einen neuen Weg: Er fasst jeweils zwei oder drei Kleinschulen unter einer Leitung zusammen. Das betrifft mittlerweile 103 Volksschulstandorte. Auch zwölf Hauptschulen, sechs Sonderschulen und eine Polytechnische Schule werden von Mehrfach-Direktoren betreut. Das sind zwölf Prozent aller Pflichtschulen in Niederösterreich.

Bis zum Vorjahr unterrichtete Silvia Heinisch eine eigene Klasse, obwohl sie bereits seit zehn Jahren Direktorin in Kreuzstetten war. Wurde eine Lehrerin an ihrer Schule krank, mussten Springerinnen eingesetzt und Überstunden gezahlt werden. Heute springt Heinisch im Bedarfsfall ein, weil sie als Verantwortliche für zehn Schulklassen freigestellt ist.

Dass sie nach 28 Jahren als Volksschullehrerin nicht mehr regelmäßig unterrichtet, ist für die Dreifach-Direktorin ein Wermutstropfen. „Dafür habe ich jetzt viel mehr Zeit, die Kolleginnen zu unterstützen, etwa wenn sie schwierige Kinder in einer Klasse haben oder neu im Beruf sind.“ Von der Schließung kleiner Schulen hält sie nichts. „Die Schule ist wichtig für das Leben in einer Gemeinde. Hier werden Feste gefeiert, man trifft sich. Kinder, Eltern und Lehrer kennen einander. Es wäre schlimm, wenn schon kleine Kinder zu Pendlern werden.“ Die persönlichen Kontakte sind ihr auch selbst wichtig. Deshalb ist sie bei vielen Veranstaltungen – und regelmäßig an allen drei Schulen anzutreffen: als Ansprechpartnerin für Lehrerinnen, Kinder und Eltern. Das hat für sie nur einen Nachteil: „Früher bin ich zu Fuß oder mit dem Fahrrad in die Schule gekommen. Jetzt brauche ich ein Auto.“

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