Ötzi, Teil 2 oder Am Digitaltropf

Kurz gesagt, so mailte mir Leser Gustav G., meine Ötzi-Geschichte von letztens glaube er mir nicht. Als Untermauerung hängte er zum Thema Eismann-Texte aus dem Internet an, u. a. den aus Wikipedia, und kommentierte diese mit den Worten: „Womit zum Glück bewiesen wäre, dass wir Ötzi nicht einem Hauptschullehrer verdanken.“

Da siehst du wieder, wie der Mensch am Digitaltropf hängt. Da räumen sie mit ihren Autos irgendwo in den Pampas schon die Trauben von den Weinstöcken, aber wenn ihnen das Navi-App sagt, sie seien auf der Südautobahn, bleiben sie lustig in der Vierten und freuen sich noch darüber, dass sie von niemanden überholt werden. Weil leider: Die Geburt des Namens Ötzi betreffend haben die Artikel im Netz eine tragische Gemeinsamkeit: Sie sind inklusive Wikipedia allesamt falsch. Ein Mal immerhin findet sich als Geburtsort korrekt die Wiener Tageszeitung AZ angegeben, das Baby dann aber dem zuletzt erwähnten Karl W. ins Kindbett gelegt, der dort nie gearbeitet hat ...

Ich schlage also vor, lieber Herr G., Sie befragen Zeitzeugen (Namen in meiner letzten Kolumne) oder Sie besuchen mich in meiner Schule: Der nicht unheitere Text mit der quasi ersten urkundlichen Erwähnung Ötzis durch meine Person klebt im Original in Laminierfolie an meinem Arbeitsplatz an der Wand und hilft mir psychohygienisch durch die härteren Momente meines Lehrerlebens. Wie da wären – und damit Themawechsel – z. B. dieser:

Bringt ein Schüler eine Entschuldigung für die Befreiung vom Singen! Wegen der moralisch heiklen Texte! Entschuldigung durch die Mutter in Englisch gehalten: „Is (soundso) allowed to choose songs that do not want to sing. If he is not agree with the lyrics, has the right to not sing. Thanks for all understanding.“

Das musst du zwei Mal lesen, bevor du es nicht glaubst. In Musik singen sie bei uns, solange sie überhaupt noch singen, Liedgut wie „Shalala“ oder „Das alte Haus vom Rocky Docky“. Such ich im Musikbuch also einen heißen Song mit noch weniger heiklem Text als „Shalala“ und finde :-) – den „Südtiroler Andachtsjodler“… Womit wir freilich schon wieder beim Ötzi wären.