Jugendlichen den Rücken zu stärken sollte in Schulen mehr gefördert werden
Von Heinz Wagner
Maria Marizzi unterrichtet am Bertha-von-Suttner-Schulschiff in Wien-Floridsdorf Deutsch, Deutsch als Zweitsprache sowie Französisch. Sie freut sich, "dass dieser Bewerb die Jugendlichen sehr stärkt in ihrem Selbstbewusstsein, in der Wertschätzung für andere Sprachen. Es bestärkt viele, auch sich mehr mit ihrer Familiensprache zu beschäftigen, ihren Wortschatz zu erweitern, ihre Eltern danach zu fragen, manchmal überhaupt erst diese Sprache schreiben zu lernen." Am Schulschiff habe es in diesem Jahr auch eine erste Ausscheidungsrunde gegeben, zu der viele Jugendliche zuhören gekommen seien. Auch andere Lehrerinnen und Lehrer seien sehr beeindruckt gewesen, erinnert sich Marizzi. "Und ein Elternvertreter, der selbst niederländisch als Zweitsprache hat, war emotional sehr bewegt darüber, dass wir in der Schule Platz einräumen für die anderen Sprachen".
Allerdings hätten die meisten, die an diesem Bewerb teilnehmen, so die engagierte Lehrerin, "ihre Sprachkompetenz nur aufgrund von Priviatinitiativen ihrer Familien. Es müsste in den Schulen mehr Ressourcen geben, diese Sprachen zu unterrichten und fördern", wünscht (nicht nur) sie sich.
Familiensprache fördern
Einer jener, die solches tun (dürfen) und damit auch einige Jugendliche zum Bewerb bringen konnte, ist Göksel Yilmaz. Seit fünf Jahren unterrichtet er Türkisch an der Kooperativen Mittelschule Schopenhauerstraße in Wien Währing. Und zwar in verschiedensten Formen – einerseits als Sprachkurs am Nachmittag und andererseits im integrativen Modell in der Klasse, um Schülerinnen und Schüler beim Verstehen des auf Deutsch abgehaltenen Unterrichts zu unterstützen. Weiters gebe es einmal wöchentlich für Schülerinnen und Schüler zweier erster Klassen eine Zusammenfassung der wichtigsten Unterrichtsinhalte verschiedenster Fächer auf Türkisch, um nicht nur die Alltagssprache zu fördern, sondern eben auch Mathematik, Geografie, Biologie...
Er selbst hat in der Türkei internationale Beziehungen auf Englisch studiert "und wie viele eine Zusatzausbildung zum Lehramt absolviert". In Wien studierte er Politikwissenschaft sowie eine Fächerkombination Geschichte und Sprachwissenschaften sowie eine Ausbildung zum Muttersprachenlehrer.
Im Team mit Deutschlehrerinnen hat er Jugendliche der Schopenhauerstraße motiviert, unterstützt und gecoacht, um an "Sag`s Multi" teilzunehmen. "Der Redebewerb war auch ein Impuls für manche, ihre sprachlichen Fähigkeiten weiter zu entwickeln." In diesem Jahr nahmen aus dieser Währinger Schule auch noch drei Jugendliche mit Bosnisch/Kroatisch/Serbisch teil, "und wir wollen unbedingt im nächsten Jahr noch, dass Jugendliche, wo die Eltern aus dem Kosovo kommen, mitmachen".
Großartige Chance
Italienische Wurzeln hat Cecilia Lapenna-Schwarzenbacher, die in der Europäischen Mittelschule Neustiftgasse (Wien) unterrichtet. Aus ihrer Schule nahmen Schülerinnen und Schüler mit mehr als einem halben Dutzend verschiedenen Sprachen teil: Türkisch, Russisch, Spanisch, Serbisch, Kroatisch, Französisch und Slowakisch. Die Initiative finde sie als Lehrerin, die selber eine andere Muttersprache als Deutsch habe "großartig, es ist eine große Chance, die Muttersprachen zu fördern. Sag`s Multi hat auch jenen Kindern viel gegeben, die es nicht ins Finale geschafft haben. Sie sind selbstbewusster geworden. Manche konnten erkennen, dass sie da noch stärker an dieser ihrer Sprache arbeiten müssen. Und alle wurden gegenüber allen respektvoller."
Sehr viele begannen über Sprache nachzudenken
Ganz aufgekratzt ist Antonia Himmel-Agisburg, seit 17 Jahren Deutsch- und Englisch-Lehrerin in der privaten Handelsakademie und -schule in der Wiener Friesgasse. "Wir haben in unserer Schule Jugendliche mit 43 Sprachen, die meisten wollten mitmachen, da jede Schule nur zehn in die Regionalausscheidung schicken kann, haben wir eine Vorausscheidung in der Schule organisiert." Die Kinder selbst waren Jury, berichtet die Lehrerin stolz auf dieses partizipative Element. Nach der allerersten Euphorie fürs Mitmachen hätten viele dann erkannt, "dass das echt harte Arbeit ist. Und haben sich der irrsinnig gern gestellt." Quer durch alle Klassen haben die Schülerinnen und Schüler erzählt, wer sie sind, und was sie von Freiheit halten. "Es hat allen, die mitgemacht haben, den Rücken gestärkt, das Selbstbewusstsein ist gewachsen und die Zweisprachigkeit hat deutlich einen noch höheren Stellenwert bekommen." Darüber hinaus haben sich aber alle Jugendlichen noch viel mehr mit Sprache beschäftigt, "es haben dann auch Schülerinnen und Schüler, die nur Deutsch sprechen, in der Deutschstunde erzählt, dass sie drauf gekommen sind, dass sie doch oft auch unterschiedliche Sprachen verwenden, im Unterricht eine ganz andere als Zu Hause oder mit Freunden, wo sie im Dialekt reden."
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