Die wahren Zeroes
Von Niki Glattauer
Der 26. Platz war absolut unangebracht. Bei Gericht nennt man so etwas „ Fehlurteil“.
über die Zeroes of Our Time
Leserinnenbriefe diesmal halbe-halbe. Die einen zum Song Contest, die anderen zur gemeinsamen Schule. Allen gemeinsam: viele Fragen. Z. B. diese (und daher heute noch einmal Song Contest): „Sie schreiben vom 0:0 gegen Deutschland. Ich würde die Zeroes of Our Time (Anm.: So nannten sich die Makemakes in Anspielung auf den schwedischen Siegertitel selber) eher als Doppelnullen bezeichnen.“
Und siehst du – das gefällt der Lehrerin in mir jetzt gar nicht. Weil die wahren Zeroes nämlich die sind, die auf jene auch noch hintreten, die eh schon liegen. Da lese ich von einem „grauenhaften Auftritt von Provinz-Rockern“ und „katastrophaler Darbietung zugedröhnter Möchtegern-Cowboys“. Hallo? Heißt das Ding jetzt Song Contest oder Performancecontest? Und war da nicht ein Andi Knoll, der im Zuge der Vorausscheidungen völlig zu Recht noch gemeint hatte, viele bessere Songs als unseren habe er nicht gehört. Und jetzt persönlich: Als „wir“ vorbei waren, habe ich im Kreise meiner Großfamilie GEJUBELT. Der Song war super (wusste man), aber auch saugut gesungen, im Gegensatz zu anderen an diesem Abend. Der Auftritt war wohltuend unpathetisch und absolut würdevoll (einmal abgesehen von der Wunderkerzeneinlage auf dem Klavier), Udo Jürgens hatte damals mit null Show immerhin gewonnen! Beim interglattauerschen Voting wurden die Makemakes also von Vater, Tochter, Bruder & Co. unter die großen Zwölf gereiht. Genauso – inzwischen bekannt – wie von den Fach-Jurys 19 anderer Länder. Ich selber sah sie auf Platz 3 und nur deswegen nicht auf 1, weil ich eingesehen habe, dass gegen lustige Strichmanderln und Vokalpomade, wie sie uns die Italiener aufs Gemüt schmierten, kein Kraut gewachsen war.
Meine Tochter Suzie, 12 (Musik sonst „ Fall Out Boy“ und zwar die echt harten von ab 2005), hat nach dem Voting eine Stunde geweint (eine halbe gibt sie sogar zu). Und ihr Vater hätte es getan – wenn er nicht umgehend mit einer Substanz getröstet worden wäre, die die Chemikerin C2H5OH nennt. Auf gut Deutsch: Der 26. Platz war absolut unangebracht. Bei Gericht nennt man so etwas „Fehlurteil“. So, das musste einmal gesagt werden.