Die gute Schule, Teil 9
Von Niki Glattauer
Verlierer sind die Kinder von Eltern, die nicht helfen können.
über Eltern als Lehrer
Weil ich letztens von "Müttern als "Co-Lehrerinnen" gesprochen habe und viele Leser meinten, hallo? und wo bleiben die Väter?: Sorry, manchmal sind es auch die Väter. Aber nur sehr manchmal, wenn Sie mich fragen ;-)
Die Linguistin Helga Kotthoff, Professorin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, verwendet den Begriff in ihren Forschungen. In einem Standard-Interview sagte sie: "In Ländern mit anderen Schulsystemen gibt es diese Co-Lehrerinnen-Identität viel weniger, z.B. in Frankreich, wo die Schule erst um fünf endet. Bei uns müssen die Kinder zum Beispiel als Hausaufgabe eine Powerpoint-Präsentation machen. Da setzen sich die akademischen Eltern hin und machen das mit ihnen." Und dann die entscheidende, rhetorische Frage: "Doch was machen Eltern, die selbst noch nie eine Powerpoint-Präsentation gemacht haben ...?"
Die Vorsitzende von "bildung Grenzenlos" und frühere Direktorin der AHS Wien-Rahlgasse, Heidi Schrodt, gibt die Antwort: "Unser Schulsystem rechnet mit dem vollen Einsatz der Eltern. Verlierer sind die Kinder von Eltern, die mangels Deutschkenntnisse nicht helfen können oder gar nicht wissen, dass ihre Hilfe systemimmanent ist."
Das Ergebnis: Hier die Eltern, die beklagen, wie selbstverständlich für den schulischen Erfolg ihrer Kinder mitverantwortlich gemacht zu werden; dort die Lehrerinnen, die mitansehen müssen, wie immer mehr Elternhäuser zu "einstürzenden Neubauten" werden, in denen die Kinder die grundlegenden Kulturtechniken nicht mehr erlernen, von anzuerziehenden Tugenden wie Höflichkeit, Selbstdisziplin, Empathie, Kritikfähigkeit, Widerspruchsgeist, Genderbewusstsein etc. gar nicht zu reden.
In ihrem Bestseller über "Tyrannenkinder" schreibt KURIER-Family-Coach Martina Leibovici-Mühlberger: "Wir haben der Schule zusätzlich zum Bildungsauftrag einen Erziehungsauftrag umgehängt, den sie nicht erfüllen kann." Ich sage, den sie aber erfüllen wird müssen, nur SO nicht erfüllen kann. Nicht mit der Halbtagsschule, nicht mit Gießkannenbudgetierung. Nicht – und das ist entscheidend! - mit der Zwei-Klassen-Schule in den Städten, in der die Benachteiligten in Gettoklassen unter sich bleiben.