Bewegte und bewegende Bilder, wie cool lernen sein kann
Von Heinz Wagner
Mit bewegten und bewegenden Bildern beginnt ein neuer Kinofilm namens „1+1=100 oder die Schule des Lebens". In knapp fünf Viertelstunden vermittelt wer, Lernen kann ganz schön cool sein, ganz schön viel Spaß bereiten. Und Bewegung spielt dabei eine ziemlich große Rolle. Das finden vier Kids, die jene Wiener – öffentliche – Volksschule am Donaustädter Brioschiweg besuchten und von denen drei im Film vorkommen, auch noch Jahre später. Der Kinder-KURIER hat Amina und Safiya Abdi, Leon Bernasconi und Ayana Nuseibeh wenige Tage vor dem Kinostart in ihren alten Klassenzimmern getroffen. Sofort fällt eines auf, das einen der beiden Räume von anderen Klassenzimmern unterscheidet: Hier gibt es eine Küchenzeile. Die kommt auch im Film vor. Als alle den Buchstaben B lernen wurde etwa auch Brot gebacken – den Teig formten die Kids zu eben diesem Buchstaben – lernen mit allen Sinnen!
Sitz-Zwang?!
Die größte Umstellung nach dem Wechsel ins Gymnasium (alle vier Gesprächspartner_innen besuchen höhere Schulen) benennt Safiya Abdi mit dem „Zwang zum Sitzen. Das ist mir urschwer gefallen, ist auch sehr nervig. Hier hast du immer aufstehen oder wenigstens auf dem Sessel rumturnen können." (was im Film mehrmals zu sehen ist ;)) In diesem Punkt pflichten ihr die drei anderen Genannten Ex-Brioschiweg-Schüler_innen deutlich bei.
Respekt
Für Leon Bernasconi war, wie er im Film aber auch noch rückblickend in der Gesprächsrunde feststellt, der Wechsel von einer anderen in diese Volksschule eine wahre Erlösung gewesen. „Es ist hier viel familiärer. In meiner alten Schule wurde mir die Individualität genommen und da hat das Lernen wirklich richtig Spaß gemacht. Dadurch, dass wir eine Mehrstufenklasse sind, lernen wir auch viel vernetzter, jüngere Kinder lernen von den älteren und die lernen die Sachen zu erklären."
Selbstständigkeit
„Hier konnten wir uns die Arbeit auch viel freier einteilen. Wir hatten nie eine Hausübung von einem Tag zum anderen, sondern von Wochenanfang bis –ende. Wir mussten und konnten das selber bestimmen", erinnert sich Amina Abdi, mittlerweile Sechstklass`lerin im bilingualen Zweig eines Gymnasiums.
Dieses frühe Lernen, sich die zu erledigenden Aufgaben – ob für zu Hause oder in der Schule – selber einteilen zu können/dürfen/(sicher für manche auch müssen) – hilft Kindern, die solche oder ähnliche Volksschulen besuchen, trotz aller starreren Regeln in weiterführenden Schulen ziemlich viel. „Hier hast du auch gelernt, dass du nicht für die Lehrerin, sondern für dich selber lernst", bringt Ayana Nuseibeh noch einen weiteren wichtigen Punkt ein, wenngleich sie sich schon erinnert, dass nicht alles ganz so reibungslos abgegangen ist: „Ich weiß noch, als ich in der ersten war, wollt ich nur das lernen, was für die Zweitklassler war, zum Beispiel die Buchstaben nur in der Lateinschrift und dann haben mich die Lehrerinnen doch überzeugt, dass ich sie zuerst in Block- und Druckschrift lernen soll."
Diskutieren
Aber da war – so auch die Lehrerinnen – immer Überzeugungsarbeit notwendig. Nicht Zwang, Druck, „du musst", sondern argumentieren, begründen. Und so zählt auch ein tiefsinniger Schlagabtausch in einer Debatte unter anderem über Tierschutz zu einer der beeindruckendsten Passagen des Films. „Wir hatten hier auch einen Klassenrat, wo wir regelmäßig Fragen und Probleme besprochen haben – wir Kinder untereinander, denn ein Kind fühlt einfach anders als die Erwachsenen."
Das Engagement, die Fähigkeit, für sich – aber auch Alterskolleginnen und –kollegen - den Mund aufzumachen ist allen vier – und sicher nicht nur diesen – geblieben. Gefallen lassen sich diese mittlerweile Jugendlichen sicher weniger als so manch andere.
Infos zum Film
1+1=100 oder Die Schule des Lebens
Dokumentarfilm, 73 MinutenRegie, Kamera, Schnitt: Doris KittlerMusik: Otto Lechner und Max NaglTonmischung: Walther SoykaProduktion: dok.itProduktionsbetreuung: Cronos FilmÜbersetzung Untertitel: Dora Schimanko, Michael Buergermeister, Mohamoud Mohamed Abdi
Vorpremiere: 17. April, 21 UhrPremiere: 20. April, 19 UhrBeide mit anschließenden Gesprächen mit Regisseurin und Beteiligten aus der Schule.
Danach, täglich 19 UhrFilmhaus Spittelberg, 1070, Spittelberggasse 3Reservierungen: office@stadtkinowien.atbzw.: Telefon (01)5224816
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