Meinung/Kolumnen/Paaradox

Wird er, wird er nicht ...?

Sie

Warmduscher. Beckenrandschwimmer. Hochzeitstagmerker. So nennen Männer, die glauben, echte Männer zu sein, andere Männer, von denen sie glauben, die seien keine echten Männer. Alles klar so weit? Wobei mich weniger der Warmduscher interessiert und auch nicht die Spezies des Beckenrandschwimmers. Ich habe ein Auge auf den Hochzeitstagmerker geworfen und denke nach: Erinnert sich mein Mann nur deshalb alle zwei Jahre an unseren Hochzeitstag, weil er um seinen Testosteron-Level bangt?

Seltsam

Und was würde eine wie Kate Middleton tun (hatte gestern Hochzeitstag!), vergäße ihr Prinz auf das Datum ? Ein TV-Interview geben – „Die ganze Wahrheit über Willi“? Zur Queen rennen – „Lizzie hilf!“? Fragen über Fragen – das Eheleben ist eben recht seltsam. Ich kann nur sagen: Auf all das habe ich keine Antwort – außer: Man gewöhnt sich. Etwa daran, dass es rund um unseren Hochzeitstag im Juni immer sehr spannend wird. Hat er? Hat er nicht? Soll ich mich in Schale werfen? Oder tut’s der Jogger auch?

Nun, ich habe den Tag unserer Vermählung auch nicht genau im Kopf. Was noch? Ich kenne sämtliche Pins und Puks von Bankomat-, Kredit- oder Tchibokarten – da finde ich: Hochzeitstagmerken ist sein Revier. Er hat’s aber nur zum Teilzeit-Hochzeitstagmerker gebracht. Ein Jahr geht’s, das andere nicht. Den ersten hat er völlig versägt. Ich dachte damals, es würde Rosen regnen. Ich sah mich ein hübsches Schmuckstück auspacken. Aber nix da. Er köpfte ein Bier und las Zeitung. Hochzeitstag? Hoppla, Schatzl!

Spannung

Ein Jahr später: alles anders. Überraschungs-dinner für zwei, aber ich längst schon im Jogger und mit grauslichem Haar. Heuer wird’s erneut spannend. Wird er, wird er nicht? Wer mir was Schönes gönnt, schreibt dem Mann neben mir ein Mail. Betreff: Sie hätte es sich echt verdient.

 

 

Er

Alle Jahre wieder: Am 24. 12. erinnere ich mich zuverlässig daran, dass an diesem Tag Festlichkeit das Thema ist. Ich gebe freilich zu, dass es ziemlich leicht ist, Weihnachten nicht zu vergessen. Dafür sorgen Industrie, Medienmaschine und Nerverln im Familienbund.

Tage-Inflation

Ansonsten tue ich mir ein bisserl schwer. Mit dem Merken im Allgemeinen, mit dem Merken besonderer Termine im Speziellen. Immerhin wimmelt es so ein Jahr über von allerlei Geburts-, Namens-, Mutter- oder Valentinstagen.Zu meiner persönlichen Tragik wird ...a) auch der „Dafür gibt’s-Kalender“-Einwand obsolet, weil ich regelmäßig auf das Eintragen vergesse, und b) das Sortiment noch um den Jubiläumsfetisch in unserer Gesellschaft erweitert – Erster-Kuss-Tag, Erster-Sex-Tag, Erster-Gemeinsamer-Vollrausch-Tag, usw.Und mittendrin der Hochzeitstag. Aber während z. B. zu Silvester (auch so ein Tag) der globale Countdown als gedankliche Stütze unüberhörbar ist, schert sich die Welt um meine einstige Trauung gar nicht. Keine Zeitung titelt: „Gabriele & Michael – so feiert das Traumpaar seinen Hochzeitstag!“ Kein Radio, kein TV zitiert mich: „Meine Augenblicke des Glücks in der Südsteiermark.“ Ja, es fehlen Schlagzeilen wie: „Das Ehe-Geheimnis des KURIER-Duos.“ Oder: „Paaradox, das Tagebuch einer Herzensangelegenheit.“ Ganz zu schweigen von: „Zahlreiche Prominente gratulieren.“

Schweigen

Das ist vielleicht der Grund, warum ich damals tatsächlich gleich den allerersten Hochzeitstag verschwitzt habe. Dafür erinnere ich mich heute noch umso besser an ihr eisiges Schweigen und die Vorwürfe meiner Mutter. Daher ist 2012 wieder Drandenken dran. Und Edelmut zur Euro-Zeit: Ich werde auf das Viertelfinale an diesem Tag verzichten. Es sei denn, sie will die Partie unbedingt sehen.