Paaradox: Dos Sushi, por favor!
Sie
Sie Chuzpe muss jemand haben – und raffinierte Ideen. Die US-Amerikanerin Lynda Resnick ist nur deshalb Milliardärin, weil es Menschen gibt, die auf ihren Schwachsinn hereinfallen. Aus Quellwasser macht sie sauteures „Fiji Water“, aus schlichtem Granatapfelsaft „Pom Wonderful“. Womit wir bei meinem Allerliebsten gelandet wären, den ich nicht nur seiner Augenfarbe wegen „Mr. Blauäugig“ nenne.
Unvergesslich
Und es trug sich an einem lauen Sommerabend auf der Insel Teneriffa zu – Mr. Blauäugig: Schatzi, mir reicht’s von der Paella. In der Hotelanlage gibt’s einen Japaner. Probieren wir den mal? Ja eh, deshalb fliegt man fünfeinhalb Stunden auf ein spanisches Eiland. Ist ja auch ein unvergessliches Urlaubserlebnis, wenn man zwischen Iglesias-Gedudel und Flamenco sagen kann: „Dos Sushi, por favor“. Weil Landestypisches in dem globalen Kontext blöd kommt, zückte die nette Spanierin im Kimono – aha, neue Landestracht? – eine Flasche. Auf der stand – ja, genau: „Fiji Water“. Die Frau hielt das kostbare Nass wie ein Neugeborenes in Händen: „Sehr gut, kommt von Fijiiii, sehr rein.“ Der Mann nebenan: Na, da nehmen wir doch gleich zwei Flascherln. Meinen Einwurf, dass das übliche „Sin-Gas-Mineral“ zum Runterspülen der kalten Meerestiere gereicht hätte und es ökologisch völlig vertrottelt sei, auf Teneriffa Wasser von einer Zigtausende Kilometer entfernten Quelle zu saufen, quittierte er so: Ma, bist du fad. Wir müssen uns mehr gönnen! Er sprach: Dos Fiji-Water, por favor. Die Kellnerin lächelte wie bei einem Orgasmus. Nach Rechnungslegung wusste ich, weshalb: 12 Euro. Aber nicht für „dos“.
Genau deshalb residieren gefinkelte Wasserproduzenten wie genannte Milliardärin in Luxusvillen, von denen ich nur träumen kann. Da hocken sie, in ihrem Jacuzzi, nippen an Leitungswasser und lachen über Menschen wie mich und ihn.
Er
Ich vergebe mir gar nix, wenn ich sage, dass die Frau zu meiner Linken gelegentlich recht behält. Sie mag das.
Also lasse ich sie die Anekdote vom Fiji Water auf Teneriffa wieder und wieder erläutern, jetzt auch an dieser Stelle. Ich sehe auch gelassen darüber hinweg, dass die Geschichte von Mal zu Mal noch bunter wird und sich von der Wahrheit rascher entfernt als die Niederlande vom EM-Titel.
Lacher
Ist doch lustig, wenn sich der Ehemann von Erzählung zu Erzählung vom anfangs experimentierfreudigen Naivling zum letztendlich ignoranten Dumpfgummi entwickelt. Die Gattin hat die Lacher auf ihrer Seite, gegönnt. Und ich habe längst aufgehört, einzuwerfen, dass wir ohne Lust auf das Neue, ohne den Versuch, auch das andere zuzulassen, noch immer bei Schnitzi und Obi g’spritzt auf den Bäumen hocken würden. Probieren und vielleicht irren hat mehr Charme, als in fremden Welten oberg’scheit keinen Trampelpfad zu verlassen. Ja, das Fiji Water war eine Brez’n. Aber dass es so (teuer) kommen würde, wusste meine Frau selbstverständlich erst nachher. Das ist ihre Stärke. Schritt 1: Sie trifft keine Entscheidung. Schritt 2: Sie kommentiert meine Entscheidung mit einem einigermaßen neutralen Kopfwippen. Das ebnet den Weg für Schritt 3, Variante a: Meine Entscheidung war richtig, keine Reaktion. So wie für Schritt 3, Variante b: Meine Entscheidung war falsch, aber dann – Klugscheißerei im Konjunktiv-Stakkato.
Lösung
Stehen wir im Stau, wäre sie von Anfang an eine ganz andere Route gefahren. Stehen wir im voll besetzten Lokal, hätte sie reserviert. Stehen wir vor irgendeinem Problem, wäre sie gern gefragt worden, denn so hätte sie die Lösung in Sekundenschnelle parat gehabt. Heißt: Meine Frau ist am Ende immer die gefühlte Siegerin – und wenn’s nur beim Fijigogerln ist.