Taubenabwehr
Von Uwe Mauch
Ältere Kollegen erzählen, dass sich eine Taube genau in jenem Moment entleerte, als der honorige Journalist aus dem Taxi stieg. Wutentbrannt ob dieser himmlischen Attacke stürmte er, den wir intern Kardinal nannten, vom Taxi in die Redaktionskonferenz. Damals besaß er noch ein gewichtiges Wort in der KURIER-Redaktion.
Er brüllte: Wir müssen was über Taubenabwehr schreiben!
Was hieß: Ich musste was über Taubenabwehr schreiben!
Zu jener Zeit nahm man noch das Branchenverzeichnis zur Hand. Ich fand in dem dicken Buch mehrere Einträge in der Rubrik Taubenabwehr. Telefonierte dann mit Vertretern eines martialischen Gewerbes. Die Anbieter übertrafen sich in ihrem Eifer, die Taube als Angreifer zu begreifen. Sie offerierten allerlei Spieße zum Aufspießen, chemische Keulen und Drähte unter Strom, die das Anlanden des Feinds verhindern sollen.
Alles wäre wohl halb so schlimm gewesen, hätten wir den Service-Artikel für den Kollegen Kardinal nicht gleich am nächsten Tag in der Zeitung veröffentlicht. Der Tag war nämlich fatalerweise auch Welttierschutztag. Ich verbrachte dann einen weiteren Tag am Telefon. Dieses Mal, um mich selbst zu wehren. Bei einem empörten Anrufer kam ich erst gar nicht zu Wort. „Oaschloch“, brüllte er in den Hörer und legte auf.