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Schlechtes Gewissen

Er hatte sich mit seinem Rad durch den Winter gekämpft – weil ich zu faul war, zum Billa zu gehen.

Julia Pfligl
über den Haken an Foodora

Es klang alles so gut. Endlich ein Lieferservice, der das Lieblingsessen zur Haustür bringt – nicht nur das von fragwürdigen Pizzerien namens "Hollywood" oder Chinesen mit Glutamat-Obsession. "Nur die besten Restaurants" verspricht das Start-up Foodora auf seiner Website, und tatsächlich: Von veganen Burgern bis zur original neapolitanischen Pizza ist alles dabei. Sogar der ökologische Fußabdruck bleibt verschont, geliefert wird nämlich mit dem Rad.

Womit wir auch schon beim Thema wären. Die Sache hat nämlich einen Haken, wie sich an einem kalten Februartag herausstellte: Die Kombination aus Minusgraden, leerem Magen und ebensolchem Kühlschrank führte zum Entschluss, Foodora zu kontaktieren – trotz Warnung auf der Website, dass sich die Lieferung aufgrund der winterlichen Witterung verzögern könnte. Was sie dann auch tat. Viel schlimmer als die Wartezeit war aber der Anblick des Zustellers (Mitte zwanzig, Typ Student): Umgeben von einer eisigen Kaltluft-Wolke stand er vor der Tür, angezogen wie für eine Polarexpedition, der Dreitagebart angefrostet. Er hatte sich mit seinem Rad durch den Winter gekämpft – weil ich zu faul war, zum Billa zu gehen. Ich fühlte mich schrecklich. Und hatte plötzlich nur noch das Bedürfnis, dem armen Buben einen Tee zu kochen.