Meinung/Kolumnen/Meine Stadt

Chic oder Shabby?

Sitze ich in einem Restaurant – oder auf einem Dachboden mit akutem Entrümpelungsbedarf?

Julia Pfligl
über den "Shabby Chic" in Wiens Lokalen

Wiener, die sich regelmäßig zum Wochenend-Brunch in Hipsterhausen (Neubaugasse-Umgebung, Anm.) einfinden, dürften sich diese Frage schon einmal gestellt haben: Sitze ich in einem Restaurant – oder auf einem Dachboden mit akutem Entrümpelungsbedarf? Schon seit längerer Zeit machen sich Flohmarkt-Hype und Vintage-Wahn auch in der Gastronomie bemerkbar. Die angesagtesten Lokale der Stadt haben sich dem "Shabby Chic" verschrieben: Eine Bezeichnung, die sich Einrichtungs-Euphemisten für gebrauchte Möbel und auch sonst recht abgewohntes Interieur ausgedacht haben, damit sie nicht "alt" sagen müssen. (Die shabbychicsten Beispiele befinden sich in der Zollergasse und am Siebensternplatz. Beides Wien 7, of course.)

Vielleicht können mir diese Menschen eines Tages erklären, was genau an Shabby so chic sein soll – wackelige Mini-Tische, auf denen sich vier Avocadobrote und drei Café Latte ausgehen sollen? Abgewetzte Stoffbänke, von denen ich nicht weiß, was sie schon alles erlebt haben? Oder Betonwände, die aussehen wie kurz vor der Abrissparty? Zugegeben, ich esse lieber auf neuen Möbeln. Ein Frühstück in der Zollergasse muss manchmal trotzdem sein – Avocadobrot und Café Latte sind einfach zu gut. Und definitiv nicht Second Hand.