Angeber auf Tour
Von Simone Hoepke
Wien sollte Disneyland werden: Dort haben sie Handy-Sticks schon verboten.
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Der Tourist von heute steht mit dem Rücken zur Attraktion. Den Platz vor sich räumt er durch heftiges Wedeln mit einer sogenannten Selfie-Stange frei. Schließlich muss alles fotografisch – ach was, gleich als Video! – festgehalten werden. Der Venus von Willendorf wird es egal sein. Dem ausgestopften Bären im Naturhistorischen Museum ebenso. Mir aber nicht.
Ich gehöre zu jenen, die von den Teleskopstäben auf Distanz gehalten werden. Für gefühlte Stunden. Der Selfie-Stick des Amerikaners räumt mich zur Seite, via Skype hat er seine Freundin am anderen Ende der Welt zugeschaltet. Sie fragt hörbar beeindruckt, wo er ist. Er erzählt ausschweifend. Angeben für Fortgeschrittene. Ich tänzle leicht nervös abseits der Bildfläche und finde, dass Wien Disneyland werden sollte: Dort haben sie die Handy-Sticks schon verboten.
Eine Genugtuung ist, dass sich die Selbstdarsteller auch selbst den Weg verstellen. Wie jenen zum Schnitzel-Restaurant. Das habe ich fotografiert. Gezählte 42 Menschen stehen vor dem Restaurant an, das in einer Gehminute noch zwei andere Standorte hat, vor denen sich noch keine Menschenschlangen gebildet haben. Das hatten die Touris vor lauter Skypen, Posten und Twittern aber nicht auf der Bildfläche.