Abgebrühte Sache
Von Simone Hoepke
über Kaffee & Kult
In Wien ist Starbucks gestern aus der Kärntner Straße ausgezogen.
Am Unglaublichsten finde ich Ohrringe aus zerquetschten Kaffeekapseln. Sie baumeln an den Ohren sonst verhaltensunauffälliger Menschen. Zum ersten Mal hab ich sie in der Schweizer Nespresso-Zentrale gesehen. Damals dachte ich, die Mitarbeiter werden gezwungen, sie zu tragen. Jetzt sehe ich die Ohrringe in der Bim, in Boutiquen, am Bauernmarkt. Ein offen zur Schau getragener Beweis, dass Frauen reihenweise dem Werbeschmäh von George Clooney verfallen. Oder Teile ihres Frühstückskaffees den ganzen Tag über bei sich tragen wollen.
So wie früher Starbucks-Becher. Selbst Hollywoodstars stöckeln damit über die 5th Avenue. NY, Berlin, Mailand – Starbucks ist verlässlich am teuersten Platz. Eine Art Machtdemonstration, dass man es sich leisten kann. In Wien ist Starbucks gestern aus der Kärntner Straße ausgezogen. Zu teuer, heißt es. Touristen werden verzweifelt sein, die Bobos verstärkt zu den Baristas laufen, die sich in Szene-Vierteln ausbreiten. Baristas rösten selbst und erklären wortreich, was daran so gut ist. Das Anbaugebiet! Die Röstung! Der Duft! Zu den Bohnen sagen sie Grand Crus und machen einen Kult drum, wie sonst nur Winzer um Wein. Wer bei der Verkostung nicht auffallen will, muss laut schlürfen.Das machen Experten so. Und bloß nicht wie bei Starbucks nach Vanilleflavour fragen!