Ärgernis des Jahres
Von Georg Leyrer
Es sind nicht mehr die Bretter, die die Welt bedeuten. Es sind die Bilanzen.
über die neue Bestenliste der deutschsprachigen Theaterkritiker.
Man muss Kritikerumfragen an und für sich wahrlich nicht wichtig finden. Aber in welcher Form die österreichischen Bühnen in der neuen Bestenliste der deutschsprachigen Theaterkritiker für Theater heute vorkommen, das kann, nein: das muss man als Alarmsignal werten.
Denn die heimischen Theater kommen genau zwei Mal vor, und beide Male nicht als "bestes" Irgendwas. Sondern einmal als " Ärgernis des Jahres", und das ist, man wird es sicherlich erraten, das Burgtheater. Da hat man nun also das vielleicht betrüblichste Resultat des Finanzskandals, der die Institution beutelt: Das Künstlerische ist unter der Last der Miss-, Schatten- und Freunderlwirtschaft und des gegenseitigen Aneinanderabputzens untergegangen.
Es sind nicht mehr die Bretter, die die Welt bedeuten. Es sind die Bilanzen.
Und ein zweites Mal kommt Österreich noch vor – indirekt. Theater des Jahres wurde das Berliner Maxim Gorki. Geleitet wird es von Shermin Langhoff. Sie sollte Theaterchefin der Wiener Festwochen werden, hat aber noch vor ihrem Amtsantritt wieder abgesagt. Man kann zu Langhoffs Theater geteilter Meinung sein – aber selbst das arme Berlin scheint Strukturen zur Entfaltung von Theaterpositionen zu haben, die hier längst abhanden gekommen sind.
Ach ja: Das Wiener Volkstheater bittet um Spenden. Das Dach ist undicht.