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Wie schaltet man das bitte aus?

Wie schaltet man das bitte aus?

Doris Knecht
über Handschriftlichkeit

Das geschriebene Wort erlebt, wenn ich die Lettern richtig deute, ein Comeback. Und zwar das handgeschriebene Wort: Die Menschheit scheint sich ihrer beinah verschütteten Fähigkeit zu entsinnen, einen Stift fassen und ihn über Papier fließen zu lassen; ah, geht ja noch, auch wenn man seine Finger – zwei oder vier oder zehn, je nachdem – zum Zwecke der schriftlichen Kommunikation per eMail seit Jahren nur noch auf Tastaturen bewegte.

Und auf winzigen Smartphone-Touchscreens, die einen vollkommen wahnsinnig machen, weil die Buchstaben darauf wesentlich kleiner sind als die Finger, mit denen man sie treffen soll. Zudem sind diese Lettern für Leute, die, sagen wir mal, immer öfter eine Brille brauchen, sowieso kaum zu entziffern, sodass man halb blind eine Nachricht mehr tappt als tippt, die man dann entweder korrigieren muss oder die einem von der Maschine korrigiert wird, nicht immer im Sinne der Verfasserin. Wie schaltet man bitte diese vermaledeite Autokorrektur aus??

Das, und die mitunter von Computern verdauten Notizen sind alles ausnehmend starke Argumente für Handschriftlichkeit. Und offenbar werden sie vernommen, denn die Postkarte, die man als Kommunikationsmittel schon als passé abschreiben wollte, erlebt, scheint’s, ein internationales Comeback. Die Leute schreiben Grüße und Dankesworte wieder auf schönes Papier und leichten Karton, gerne auch mit mitunter kostbaren Füllfedern, die auch solche Handschriften veredeln, die früher, als es in der Schule noch das Fach "Schönschreiben" gab, mit einer Frühwarnung bedacht worden wären. Sie packen das Geschriebene in Kuverts ein, verschließen sie, kleben schöne Marken darauf und bringen sie zur Post. Altmodisch, zeitaufwendig und kompliziert, jetzt im Unterschied zu einer Mail, die natürlich keineswegs weniger von Herzen kommen muss. Trotzdem ist es stets ein guter Moment, wenn man die Karte aus dem Fach nimmt und sie noch im Flur entziffert ... Oder es versucht; eine Brille wär’ jetzt gut.