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Weiter funktionieren

Leserin Andrea W. reagiert auf die Nachricht, dass der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober unter Burn-out leidet und drei Monate radikale Schonung verordnet bekam. "Herr Anschober tut mir sehr leid", schreibt Frau W., denn: "Ich kenne die Symptome aus eigener Erfahrung sehr genau." Nur ging es bei ihr anders aus.

Frau W. hat drei Kinder, ist berufstätig, und kommt so seit Jahren auf "wöchentlich weit über 100 Arbeitsstunden": Indem sie einkauft und kocht, den Haushalt führt, die Kinder herumfährt, Arzttermine organisiert und wahrnimmt, Hausaufgaben kontrolliert, die Kinder in der Nacht nach Albträumen wieder in den Schlaf streichelt: Was Mütter eben so machen. Und das alles ohne echtes Wochenende und Urlaub.

Jedenfalls sei sie, schreibt Frau W., irgendwann so erschöpft gewesen, dass sie körperliche Schmerzen bekam und nicht mehr konnte. Sie habe eine praktische Ärztin aufgesucht. Die habe Frau W.s Erschöpfung erkannt, sie allerdings nicht krankgeschrieben: sondern ihr Antidepressiva verordnet. Sie habe dann, schreibt die Leserin, über Antidepressiva recherchiert: "Es nehmen viel mehr Frauen als Männer Antidepressiva, sehr viele davon über 40. Ich kann nur vermuten, dass nicht alle an Depressionen leiden: sondern viele, so wie ich auch, an Erschöpfung, aber einfach mit diesem Medikament abgespeist wurden." Auf dass sie weiter funktionieren.

Frau W. habe das Medikament dann nicht genommen, aber es sei ihr gelungen, ihre Lebenssituation zu ändern, u. a. ließen "mich meine Kinder nach sieben Jahren wieder durchschlafen". Es gehe ihr jetzt besser. Sie wünsche sich dennoch, dass berufstätige Mütter von Ärzten "so behandelt würden wie Manager oder Politiker". Oh ja.