Kolumnen/Knecht

Warten auf die Familienbeihilfe

Leser I. schreibt mir. Seine 21-jährige studierende Tochter hat Anfang September ans Finanzamt einen Antrag auf Überweisung der Familienbeihilfe gestellt, und legte alle erforderlichen Unterlagen vor. Sie erhielt, trotz mehrfacher Nachfragen, keinerlei Zahlungen. Darauf rief ihr Vater, selbst Beamter in einem Ministerium, im Finanzamt an. Er geriet in eine Warteschleife und wurde dann in die Warteschleife einer "bundesweiten Telefonvermittlung" umgeleitet.

Die Beamtin, an die er endlich geriet, wollte ihren Namen nicht nennen und erklärte, der Antrag werde "eben noch bearbeitet". Auf Herrn I.s Frage, wieso das schon ein Vierteljahr dauere, meinte sie: "Das Scannen des Antrags dauert zwei Monate." Das wollte Herr I. genauer wissen, worauf die Dame auflegte. Der Leser rief erneut an, und erfuhr diesmal, es gebe einen Bearbeitungsrückstand, es dauere eben seine Zeit, die Tochter müsse sich halt noch gedulden: mindestens zwei bis drei Monate. Zuletzt hörte Herr I.: Er solle froh sein, dass die Tochter überhaupt eine solche Beihilfe bekomme.

Letzteres nun ärgert ihn. "In meinem Rechtsverständnis ist die Familienbeihilfe kein Gnadenakt, sondern es besteht Anspruch darauf. Für viele Menschen ist dies ein wichtiger Teil ihrer Existenzsicherung" schreibt Herr I.: und zwar an die Familienministerin, die er bat, aktiv zu werden. Denn es handelt sich bei den I.s um keinen Einzelfall: In vielen Foren empören sich viele Menschen über die Auszahlungsverzögerung.

Die Antwort des Familienministeriums: Das Finanzministerium sei zuständig. Herr I. schrieb erneut: Es brauche aber eben dringend ein Signal der Familienministerin, es gehe hier schließlich um viele Existenzen.

Daraufhin erhielt er die Antwort, die Tochter habe ein Formular nicht vorgelegt (was nicht der Fall war), man ermittle noch, das verzögere die Erledigung.

Herr I. empfindet das als Verweigerung einer zustehenden Leistung. Die Tochter wartet weiter auf ihr Geld – und viele andere warten mit ihr.