Meinung/Kolumnen/Knecht

Und immer das schlechte Gewissen

Weil wir gestern der Nöstlinger zum Geburtstag gratulierten und von den arbeitenden Müttern in ihren Büchern sprachen: Man hätte noch hinzufügen können: manchmal überarbeiteten. Leserin Mag. Elisabeth B. schrieb mir schon letzte Woche ein Mail: Ich solle doch einmal über die arbeitenden Mütter schreiben, "ein unerschöpfliches Thema". Oh ja. Sie sei, schreibt Frau B., selbstständig, arbeite 40 Stunden die Woche, verdiene ihr eigenes Geld, sei verheiratet und "glückliche Mutter eines Zehnjährigen". Und heute sei sie wieder als Rabenmutter in die Arbeit gegangen, weil sie ihrem Buben sagte musste, dass sie doch nicht wie geplant am Nachmittag mit ihm Matador spielen könne, sondern er nach dem Hort zur Oma geht, weil sie länger arbeiten muss. Keiner solle ihr mehr erzählen, es komme bei der Zeit, die man mit seinem Kind verbringe, nur auf die Qualität, nicht auf die Quantität an. "Ich komme nach einem 10-Stunden-Tag nach Hause und soll dann noch geduldig und ausdauernd Matador spielen ..." Wie, fragt Frau B., könne man heutzutage Familie und Beruf ohne schlechtes Gewissen vereinbaren?

Die böse Mutter

Gar nicht, wahrscheinlich. Eine Mutter, die ich sehr gut kenne, hatte für gestern einen langen, von vorne bis hinten mit Schreiben ausgefüllten Arbeitstag eingeplant. Und stand dann in der Früh mit dem Fieberthermometer (37,5 °C) vor ihrem blassen Kind und sagte: Du bist nicht wirklich krank! Du willst doch nur nicht in die Schule! (Und mich von der Arbeit abhalten! - das sagte sie nicht.) Die böse Mutter kriegte sich dann wieder ein und durfte, weil der Vater des kranken Kindes zum Glück flexibel war und daheimbleiben konnte, doch schreiben gehen. Mit schlechtem Gewissen, versteht sich.