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Tun: ja, erwischt werden: nein

Die Schauspielerin – oder ihr Schönheitschirurg – hatte einen ehernen Klatschpresse-Grundsatz verletzt

Doris Knecht
über Renée Zellweger

Vorgestern Nacht war das Internet überschwemmt mit neuen Fotos einer Hollywood-Schauspielerin, kombiniert mit entsetzten und hämischen Kommentaren. Das Vergehen der Frau: Sie hatte sich dem Diktat unterworfen, das verlangt, dass Hollywood-Schauspielerinnen ihre Jugend und ihre Schönheit mit allen Mitteln erhalten müssen.

Diese Schauspielerin – oder ihr Schönheitschirurg – hatte allerdings einen ehernen Klatschpresse-Grundsatz verletzt: Diese Mittel und ihre Anwendung dürfen mit freiem Auge und auf Fotos nicht erkennbar sein. Skalpell, Botox oder doch nur reichlich Wasser getrunken: Spekulationen ja, sichtbare Veränderungen nein. Im inkriminierten Fall waren die Veränderungen allerdings – auch wenn die Schauspielerin schon anderntags alles auf ihren gesunden Lebensstil und ihren neuen, inneren Frieden schob – unübersehbar: Weil die 44-Jährige auf den Fotos zwar ausgesprochen attraktiv aussah, aber nicht einmal mehr annähernd wie Renée Zellweger, um die es sich offenbar handelte. Worauf das Netz mit einem Entrüstungs- und Spott-Sturm reagierte.

Dann, wie das immer im Verlauf weniger Stunden so ist, reagierte das Netz auf das Netz. Unter anderem mit ein paar wichtigen Fragen: Wie kommt eine Gesellschaft, die Frauen zum Schönheitschirurgen treibt, dazu, sie dann für Eingriffe zu verurteilen? Wie sollen Schauspielerinnen in einer Welt überleben, in der schöne, junge Frauen idealisiert werden – und die diese Frauen fallen lässt, sobald unübersehbar ist, dass, Überraschung, auch sie älter werden? Wen geht es überhaupt etwas an, was Frauen mit ihrem Gesicht, ihrem Körper machen, wer hat das Recht, darüber zu urteilen?

Das passt zu der kürzlich wieder einmal auf Facebook gestellten Frage, ob es eigentlich okay sei, Fremde in der U-Bahn zu fotografieren und sich dann in sozialen Medien über ihr Aussehen zu mokieren. Dass diese Frage überhaupt gestellt wird, zeigt, wie schwer das Älterwerden nicht nur für öffentliche Frauen noch lange sein wird.