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Stattdessen Hinkelsteine in Chile

Stattdessen Hinkelsteine in Chile.

Doris Knecht
über Sonntage

Sonntag. Ausschlafen. Sich noch ein Mal zurück in den Traum gleiten lassen, aus dem einen der fix auf halb sieben eingerastete Organismus irrtümlich gerissen hat. Nur so viel Bewusstsein wie dafür gerade notwendig ist, als Späher vorschicken ... Ah, Sonntag! Weiterschlafen! Basisfunktionen aufrechterhalten, ansonsten alles auf Stand-by, danke.

Zurückgleiten in den Traum, weil man seine Lieblingstasche retten muss, die ein riesiger Hinkelstein verschluckt hat, in Chile, und es gelingt, den Stein aus seinem Betonfundament zu rütteln und die Tasche in einem tiefen Loch zu erspähen, und ein sehr dünner Freund lässt sich in das Loch hinunter und rettet die Tasche, die dann völlig anders aussieht als die Lieblingstasche, und sich endlich ganz langsam, ganz allmählich aus Schlaf und Traum rutschen und das Bewusstsein das Kommando über nehmen lassen, und während des Aufwachens den Traum ein wenig festhalten, damit man sich nachher daran erinnern kann. Und sich, während man vorsichtig in die Welt zwinkert, fragen, warum bitte man so einen Blödsinn träumt. Chile? Wieso Chile? Man war nie in Chile. Und wieso diese Leute? Den dünnen Mann hat man seit Jahren nicht gesehen. Und war da nicht auch noch ein ganz schreckliches, schmutziges Hotelzimmer in dem Traum … doch. Wieso? Wieso träumt man nicht so etwas Innovatives, Aufregendes wie jene Freundin, in deren Traum es Musik nach dem Ende der CD nun als Salbe gab, die man auf den Körper auftragen kann? Das ist ein guter Traum.

Stattdessen Hinkelsteine in Chile. Egal. Augen wieder zu. Weiter dösen. Noch bisserl ins Kissen horchen, nur millimeterweise wach werden, erst ganz vorsichtig ansinnieren, was man alles tun könnte, an diesem Sonntag, wenn das Liegenbleiben irgendwann vorbei ist.

Wählen erst nächsten Sonntag. Ein wenig Laufen möglicherweise. In den Wald vielleicht; am besten sofort, dann findet man eventuell noch ein paar Schwammerl. Oder doch lieber schön lange frühstücken … Und dann vielleicht etwas backen. Und später dann ein paar Freunde besuchen … Aber jetzt einfach noch ein bisschen liegen; schön wär’s, wenn einem jemand dazu einen Kaffee und die Sonntagszeitungen bringen könnte … oh, danke! Sonntag, schön.