Meinung/Kolumnen/Knecht

Sommer denken, eine Weile noch

Eigentlich nein. Aber eigentlich ja. Wenn man jetzt einmal "Herbst", der ja immer öfter bis in den späten Oktober hinein als warmer, goldiger Spätsommer in die Landschaft und durch die Stadt schleicht, mehr als eine Saison wahrnimmt und weniger als eine meteorologische Jahreszeit.

Herbst: Das ist Ferienende und erzwungenes Frühaufstehen, Schulsachen besorgen und Termine merken. Herbst, das sind Elternabende und beinahe versäumte Kursanmeldungsfristen. Herbst, das sind die kleinen Entscheidungen, die vielleicht zu großen Lebenswendungen führen: Nimmt das Kind Klavierstunden oder macht es Karate? Oder beides? Oder nichts davon? Wird man endlich Mitglied in einem Fitnessstudio oder probiert es einmal mit Yoga? Herbst, das ist die Zeit, in der man Pläne und Veränderungen plant, gröbere meist als zu Neujahr: Ab jetzt wird man sich gesünder ernähren, ab jetzt wird man viel öfter fleischlos kochen, ab jetzt wird man endlich mehr zu Fuß gehen und den Lift nicht mehr so häufig benutzen. Und endlich etwas für den Rücken tun. Herbst.

Herbst: Das ist frische Mode und frische Entscheidungen, was davon man ganz sicher nicht will und was dagegen man leider unbedingt haben muss; Herbst, das ist Platz machen im Schuhregal.

Herbst, das ist heimliches kleines Aufatmen, dass die Kinder wieder fünf Tage die Woche institutionell betreut werden. Herbst, das ist schon kontrollieren, ob die Fenster dicht sind, weil der Winter sonst bald bitter ins Zimmer zieht. Oder doch nicht.

Weil Herbst, das ist auch: noch Sommer denken, eine kleine Weile noch.