Schneller, öfter, lauter
Von Doris Knecht
Während die Facebooker eher Kuschler sind, Köpfezusammenstecker, Plauderer, Debattierer und Schmähführer, handelt es sich bei Twitter um ein Verlautbarungsmedium von Leuten, die ihre Meinung gern mit dem virtuellen Megafon aus ihrem virtuellen Fenster hinausbrüllen.
Schimpfen Sie mich Mädchen, aber mir persönlich ist in diesem Twitter entschieden zu viel Testosteron drin. Zu viele Alpha-Tiere auf zu engem Raum. Aber vielleicht bin ich während meines kurzen Ausflug nach Twitter auch nur an die falschen Leute geraten und irrtümlich denen gefolgt, die am lautesten und am häufigsten gebrüllt haben. Jedenfalls bin ich dann schnell wieder heimgerannt in die vergleichsweise stille, heile, verschmuste Facebook-Welt.
Eben wurden meine Vorurteile gegenüber Twitter aufs Betörendste bestätigt von der Grass-Titanic-Geschichte. Weil die Lautesten und Häufigsten ja unbedingt auch die Schnellsten sein wollen, hat ein deutscher Alpha-Twitterer verkündet, beim jüngsten Grass-Gedicht zu Griechenland handle es sich, hahaha, um eine Titanic-Satire: Er hatte Volker Weidermanns FAZ-Glosse gesehen, aber im Zwang, der Schnellste sein zu müssen, nicht die Zeit, sie zu lesen. Hätte er, dann hätte er das "hätte" im Vorspann bemerkt, in dem Satz: "(…) das Satiremagazin Titanic hätte die Persiflage eines Grass-Gedichtes auch nicht besser hingekriegt". Hat er aber in der Eile übersehen, deshalb glaubte kurz darauf halb Twitterland, das Griechenland-Gedicht sei nicht von Grass, sondern von der Titanic verfasst worden. Tja. Blöd jetzt.
Kennen Sie die TV-Werbung mit Hans Krankl, in der ein furchtbar nerviges Kind immer Erster sein will? So ähnlich ist Twitter.