Meinung/Kolumnen/Knecht

Sage noch einer, Kunst bewirke nichts

Sage noch einer, Kunst bewirke nichts.

Doris Knecht
über Conchita Wursts Einfluss

Ein wunderbarer Brief ist eingelangt. Der Brief wurde geschrieben von einem langjährigen Ehemann, Vater und Großvater, der ... warten Sie, ich lese Ihnen daraus vor.

Zuerst schreibt er etwas Nettes über die Kolumne (danke!), dann im Speziellen über die Conchita-Wurst-Kolumne von vorgestern: "Sie strahlt Lebensfreude aus und hilft auch Menschen wie mir. Warum mir? Ich bin verheiratet – seit 35 Jahren mit derselben Frau und immer noch glücklich, habe 2 Töchter, 2 Enkelkinder und bin transgender. D. h., in meiner Freizeit bin ich als Frau MIT meiner Frau unterwegs. Bisher hatte ich nur positive Reaktionen und trotzdem ist dieser Sieg von Conchita, sind Kolumnen wie Ihre ein für mich persönlich wichtiges Zeichen: mich nicht zu verstecken, sondern zu meinem Leben zu stehen. Das ist vielleicht ein bissl anders, na und. Aber es ist aufregend, spannend, einfach fantastisch. Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag. Mit ganz lieben Grüßen, H./Ch-M."

Ich bin erfreut, gerührt, sprachlos. Genau. Genau darum geht es. Um die Freiheit, selbst zu entscheiden, sich von Zwängen zu befreien, ein selbstbestimmtes Leben zu leben, angstlos, freudvoll.

Wie es aussieht, wird nach dem Conchita-Sieg, nach der breiten Zustimmung, jetzt vieles leichter. Es bewegt sich auch politisch etwas: Die SPÖ möchte nun endlich auch gleichgeschlechtlichen Paaren das Adoptionsrecht und das Recht auf künstliche Befruchtung einräumen. Lasset uns froh und dankbar sein, dass da endlich etwas vorwärtsgeht. Und sehen wir über die Feigheit und Unentschlossenheit einer Regierungspartei hinweg, die nicht von klarer Diskriminierung, von seit Jahren vorliegenden Argumenten zum Handeln getrieben wird, sondern vom Song Contest. Danken wir der HOSI und anderen LGBT-Initiativen und AnwältInnen wie Helmut Graupner für die jahrelange, oft zermürbende Vor- und Überzeugungsarbeit. Und sage noch einer, Kunst bewirke nichts. Gut gemacht, Conchita, sehr gut gemacht.