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Nur ein kleiner Satz, eine kleine Stimme

Was das mit dem heutigen Wiener Wahl-Tag zu tun hat? Einiges.

Doris Knecht
über Yoga-Hosen und eine kleine Stimme

Die heutige Geschichte wirkt angesichts der Wien-Wahl und der Spannung, die im Moment darob herrscht, ziemlich weit hergeholt. Aber erstens ist heute der Tag, an dem uns eigentlich eh nur noch der Abend mit seinen Ergebnissen interessiert. Und zweitens: Warten Sie ab, so wenig, wie es zuerst ausschaut, hat diese Geschichte mit uns gar nicht zu tun.

Es geht um den erfolgreichen amerikanische Yoga-Bekleidungshersteller Lululemon, der sich derart benamst definitiv nur im angloamerikanischen Raum durchsetzen konnte: in den deutschsprachigen Märkten täte man sich mit diesen Namen und allen Assoziationen, die er weckt, ganz besonders den farblichen, wohl eher etwas schwer. Egal, davon handelt die Geschichte nicht; sondern vom Lululemon-Gründer Chip Wilson, der einen Tag in seinem Leben außerordentlich stark bereut. Eigentlich nur ein paar Minuten, und er hat nicht betrunken einen Autounfall verursacht, oder irrtümlich sein Haus abgefackelt. Er hat nur eine Interview-Frage beantwortet. Die Frage bezog sich auf die ziemlich teuren Lululemon-Yoga-Hosen und das Problem, das es mit ihnen gab, sie pillten nämlich schenkelwärts. Pilling: wenn sich Fasern an der Stoff-Oberfläche verfilzen. Was bei Sportkleidung nicht passieren sollte, weshalb sich viele Kundinnen beschwert hatten. Wilson sagte dazu den einen Satz: Na ja, manche Frauenkörper seien für seine Hosen eben nicht so gut geeignet.

Was er damit meinte: Nicht die Qualität seiner Hosen sei Schuld an dem Pilling, sondern die zu dicken Schenkel der Frauen. Das hatte Wilson so dahingesagt, in einem TV-Interview am 5.November 2013. Es war nur so ein Satz. Ein paar Frauen, die das hörten, fanden, sie könnte ihr Yoga-Kleidung auch bei einer anderen Firma kaufen. Ein paar andere schrieben darüber. Dann kauften noch ein paar ihre Hosen woanders. Und noch ein paar. Seit besagtem Tag vor zwei Jahren hat das Unternehmen sechs Milliarden Dollar an Marktwert verloren. Sechs Milliarden.

Was das mit dem heutigen Wiener Wahl-Tag zu tun hat? Einiges. Also, falls Sie glauben, ihre kleine Stimme zähle eh nicht so viel, und es sei schon okay und mache gar nichts, wenn Sie, nur Sie, nicht wählen gehen. Könnte sein, man bereut das später. Bis 17 Uhr haben die Wahllokale geöffnet.